Republikaner nominieren Donald Trump

Sieg des Ressentiments über die Vernunft

Donald Trump und seine Frau Melania bei dem Parteitag der US-Republikaner in Cleveland/Ohio.
Donald Trump und seine Frau Melania bei dem Parteitag der US-Republikaner in Cleveland/Ohio. © AFP - Robyn Beck
Von Thilo Kößler  · 20.07.2016
Donald Trump hat keine politischen Konzepte, trotzdem wurde er auf dem Parteitag der Republikaner zu ihrem Kandidaten gekürt. Der Konvent hat sich damit kollektiv in Geiselhaft nehmen lassen, kommentiert Thilo Kößler.
Das ist kein ernstzunehmender Parteitag mit klaren Botschaften und richtungsweisenden Programmen. Das ist eine Krönungsmesse für Donald Trump.
Die einen sind aus Abscheu, Scham und Protest gar nicht erst erschienen – insgeheim setzen viele Parteigranden und republikanischen Symbolfiguren darauf, dass es dieser Kandidat nicht schaffen wird. Andere versuchten noch auf den letzten Metern, Donald Trump die Spitzenkandidatur streitig zu machen und ihn vom Sockel zu stoßen. Vergebens. Sie wurden niedergebrüllt.
Jetzt steht die Partei vor einer Zerreißprobe. Dieser Kandidat ist ein Spalter und Polarisierer, ein Provokateur und Scharfmacher – mit ihm laufen die Republikaner Gefahr, ihr politisches Erbe aus den Augen zu verlieren und ihr politisches Gewicht zu verspielen. Mit Donald Trump sind die Republikaner einer Präsidentschaft nicht gewachsen. Man möchte ihm weder sein Land, noch die Welt anvertrauen.

Ohne Scham und Bedenken

Der Konvent der Republikaner hat sich gestern kollektiv in Geiselhaft nehmen lassen. Die Delegierten waren bereit, die Seele ihrer Partei an einen egomanischen, narzisstischen Selbstdarsteller zu verkaufen. Ohne jede Scham und Bedenken haben sie sich zum Büttel einer New Yorker Milliardärsfamilie gemacht: Was für ein peinliches Schauspiel – die Selbstbeweihräucherung der Trumps. Und die Bereitschaft der Claqueure, sich zu Statisten dieser unwürdigen Inszenierung degradieren zu lassen.
Das einzige, was die Partei derzeit noch mühsam eint, ist die geradezu fanatische Ablehnung des politischen Gegners. Dabei ist den Republikanern offenbar jedes Mittel recht, um Hillary Clinton zu bekämpfen – ob Dämonisierung, Diffamierung oder Denunzierung: Der Wahlkampf dürfte jetzt noch schmutziger werden.
Dass dabei die politische Kultur auf der Strecke bleibt, der inhaltliche Diskurs, der Respekt vor den Gedanken und Ideen des anderen – das scheint die große Mehrheit in Kauf zu nehmen. Dieser Parteitag der Republikaner markiert den Sieg des Ressentiments über jede Vernunft.
Was bleibt also bei den Republikanern jenseits der Feindbildpflege und der Selbstvergewisserung im Zeichen einer rückwärtsgewandten und antimodernistischen, aber kraftmeiernden Ideologie?

Trump muss jetzt liefern

Donald Trump ist bisher jede Antwort auf Fragen nach politischen Inhalten und Konzepten schuldig geblieben. Dabei wird sich auch seine Präsidentschaft nicht auf Schlagworten gründen können wie Mauerbau, Abschottung und Ausgrenzung von Minderheiten.
Donald Trump wird jetzt liefern müssen. Er wird Antworten finden müssen auf die Zukunftsfragen eines Landes, das sich zuhause gefährlichen gesellschaftlichen Verwerfungen und Brüchen gegenübersieht - und jenseits seiner Grenzen mit einer Welt in Unordnung. "Make America great again" - was, bitte, soll das für die USA unter seiner Führung heißen? Welches Gesellschaftsbild hat Donald Trump? Und in welcher Rolle sieht er sein Land künftig in der Welt? Man darf gespannt sein auf Trumps große Parteitagsrede am Donnerstag.
Hillary Clinton wird ihren Rivalen jetzt konfrontieren und festnageln müssen. Ihre Kandidatur für die Demokraten hat ab sofort einen tieferen Sinn. Man kann sie mögen oder nicht – aber sie ist jetzt die Einzige, die das Schlimmste noch verhindern kann.
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