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Nordic Yards
Werftenverbund wieder zwischen Hoffen und Bangen

Nach der Wende gerieten alle großen Ostseewerften in Mecklenburg-Vorpommern in Krisen: Mit einem russischen Großinvestor ging es aber dann für den Werftenverbund "Nordic Yards" mit 1.300 Arbeitsplätzen bergauf - doch mittlerweile setzen die EU-Sanktionen gegen Russland und ausbleibende Offshore-Windkraft-Aufträge gefährlich zu.

Von Silke Hasselmann | 26.11.2015
    Dunkle Wolken ziehen am 09.06.2015 über die Schiffbauhalle der Nordic Yards Werft in Wismar (Mecklenburg-Vorpommern), vor der zwei eisbrechende Rettungs- und Bergungsschiffe in Ausrüstungskai liegen.
    Schiffbauhalle der Nordic Yards Werft in Wismar (Mecklenburg-Vorpommern). (dpa/picture alliance/Jens Büttner)
    Rostock-Warnemünde: letzte Schweißarbeiten an DolWin Gamma. Die riesige Windenergie-Konverterplattform soll Anfang 2017 für den französischen Energiekonzern Alstom in die Nordsee gebracht werden. Doch für Nordic Yards ist der dritte Windkraftauftrag in dreistelligem Millionenbereich auch der vorerst letzte. Weil dem Werftenverbund damit gleich 40 Prozent des Auftragsspektrums wegbrechen, bereitet Geschäftsführer Herbert Aly die Belegschaft seit September auf baldige Entlassungen vor. Die im Umlauf befindliche Zahl von 500 Jobs bestätigt er nicht, aber:
    "Wir werden sicherlich Arbeitsplätze abbauen müssen. Das ist unumgänglich. Die Belegschaft hat damit gerechnet. Denn ohne konkrete Anschlussaufträge muss man sich überlegen, wie mit einer Anzahl von Mitarbeitern, die man nicht beschäftigen kann über einen gewissen Zeitraum, wie man damit umgeht."
    Entlassungen stehen bevor
    Zumal in diesem Jahr weitere 50 Prozent der Aufträge im klassischen Schiffbau weggebrochen sind - wegen rückläufiger Öl- und Gasgeschäfte und vor allem wegen der EU-Sanktionen gegen Russland. Dabei wurden in Warnemünde, Wismar und Stralsund in den letzten 70 Jahren rund 3.000 zivile Schiffe für die Sowjetunion beziehungsweise Russland gebaut, darunter 600 Fischtrawler. Das in Mecklenburg-Vorpommern kultivierte Verständnis von russischer Sprache und Mentalität - ein enormer Standortvorteil. Aber, so Unternehmenssprecher Stefan Sprunk:
    "Auf der Sanktionsliste stehen halt bis zum kleinsten Bauteil Sachen, die dann nicht ausgeführt werden können. Jedes Rohr ist spezifiziert für diese Sanktionsliste, gerade alles, was den Offshore-Öl- und Gasbereich anbelangt. Und wenn Sie arktische Schiffe für den Öl- und Gasbereich bauen, wird das schon arg kompliziert. Also, die Rahmenbedingungen sind natürlich hinderlich. Dennoch schauen wir, dass wir den Markt weiter beobachten und Angebote abgeben für Produktlösungen dort vor Ort."
    Nun endlich mit Erfolg, so scheint es. Laut Geschäftsführer Herbert Aly bearbeitet Nordic Yards derzeit sieben Anfragen aus dem boomenden Bereich der Kreuzschifffahrt. Man verhandele vor allem über eisgängige Expeditionsschiffe, die bis zu 250 Passagiere fassen und bereits ab 2018 in die Polarregion fahren sollen. Aktuelle Referenzen? Vorhanden. Erst kürzlich lieferte Nordic Yards zwei topmoderne eisbrechende Seenotretter pünktlich nach Russland.
    "Und dort funktioniert auf Arbeitsebene alles wie von vor einem Jahr. Man ist befreundet. Man redet in der russischen Muttersprache miteinander. Man klärt Probleme im Projekt und arbeitet miteinander. Da ist die Politik weit von entfernt."
    Hoffnung auf rasche Vertragsabschlüsse
    Und so hofft man derzeit in Wismar, Warnemünde und Stralsund auf rasche Vertragsabschlüsse und auf ein baldiges Sanktionsende. Russlands Investitionsstau sei riesig, der Bedarf an Containerschiffen für das Nordpolarmeer, für Eisenbahnfähren und Fischereifahrzeuge Made in Mecklenburg-Vorpommern vorhanden. Noch.
    "Die Zeit vergeht. Und die Bedarfe werden entweder im eigenen Land gestillt oder werden mit Kooperationspartnern gestillt, die außerhalb der EU sind. Wir würden den Vorteil, den wir jetzt haben, weggeben. Oder durch die Sanktionen weggenommen kriegen. Das wäre sehr nachteilig für uns."