Remarque-Friedenspreis

Wali erhebt neue Vorwürfe gegen Adonis

Zu Gast in unserem Studio: der in Deutschland lebende irakische Schriftsteller Najem Wali.
Zu Gast in unserem Studio: der in Deutschland lebende irakische Schriftsteller Najem Wali. © Deutschlandradio Kultur / Manuel Czauderna
Najem Wali im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 12.11.2015
Der in Berlin lebende irakische Schriftsteller Najem Wali kritisiert den syrischen Lyriker Adonis für seine politischen Stellungnahmen. Wali sagte, Adonis den Friedenspreis zu verleihen, bedeute, Erich Maria Remarque quasi posthum ein zweites Mal auszubürgern.
Allmählich sollte sich die Stadt Osnabrück wohl fragen, ob sie nicht eine grundfalsche Entscheidung getroffen hat. Die Kritik an der aufs Frühjahr verschobenen Vergabe des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises an den syrisch-libanesischen Dichter Adonis nimmt nicht ab. Der in diesem Jahr mit der Goethe-Medaille ausgezeichnete Philosoph Sadik Al-Azm attestierte Adonis "Orientalismus der übelsten Sorte". Der Zentralrat der Muslime, Menschenrechtsaktivisten oder auch Stefan Weidner, Adonis' Übersetzer, kritisierten dessen uneindeutige Haltung zum Assad-Regime. Nun meldet sich der deutsch-irakische Schriftsteller Najem Wali mit weiteren Vorwürfen.
Wie könne jemand man auf den Gedanken kommen, diesen Dichter mit Erich Maria Remarque in Verbindung zu bringen, fragt Wali im Deutschlandradio Kultur. Einem Schriftsteller, der sein Leben dem Schreiben gegen den Krieg widmete und dessen Buch 'Im Westen nichts Neues' eines der ersten gewesen sein, dass die Nazis verbrannt hätten. Adonis dagegen sei stolz, Angehöriger der Syrischen Sozial-Nationalistischen Partei zu sein, deren Logo "nichts anderes als eine Kopie des Hakenkreuzes" darstelle. Wali: "Es ist unglaublich." Adonis diesen Friedenspreis zu verleihen, bedeute, Erich Maria Remarque quasi posthum ein zweites Mal auszubürgern".
Adonis besitze zwei Gesichter, so Wali - "eines, mit dem er in seinen Interviews mit westlichen Zeitungen das Loblied auf den Westen singt - und ein anderes, mit dem er eben den Westen in der arabischen Presse verteufelt." Auch habe Adonis ein Buch über das literarischen Werk von Muhammad bin Abd-al-Wahhab verfasst, den "Vater aller Salafisten", der alle extremistischen Bewegungen von Al Quaida bis hin zum Islamischen Staat präge. Wali: "Wieso kommt er auf die Idee, ein Buch über einen Salafisten zu verfassen und ihn nicht zu entlarven als Salafisten, sondern ihn anders zu interpretieren sogar?"
"Was für ein Irrtum", schreibt Najem Wali auch in der neuen Ausgabe des "Spiegel" über den Friedenspreis für Adonis. Dieser habe "einen Verbrecher wie Assad" in Schutz genommen, in einem Revolutionsgedicht Israel beschimpft und den "Tod des Westens" verkündet.
Der syrisch-libanesische Dichter Ali Ahmad Said, genannt Adonis.
Der syrisch-libanesische Dichter Ali Ahmad Said, genannt Adonis.© dpa / picture alliance / Jesus Ochando
Am Mittwoch hatte die Stadt Osnabrück mitgeteilt, dass die umstrittene Preisverleihung aus organisatorischen Gründen auf das Frühjahr verschoben werde. Für das obligatorische Rahmenprogramm des Festaktes hätten sich keine Gesprächspartner gefunden, die sich mit dem Dichter und seinem Werk auseinandersetzen wollten. Das habe sicher auch mit der öffentlich geäußerten Kritik zu tun.
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