Reihe: Ungewöhnliche Kulturberufe

Der Rote-Teppich-Kurator

Rote Teppiche und Regen vertragen sich nicht besonders gut.
Rote Teppiche und Regen vertragen sich nicht besonders gut. © picture alliance / dpa / Ian West
Von Gerd Brendel · 04.01.2016
Den Beruf "Rote-Teppich-Kurator" gibt es offiziell natürlich nicht: Oliver Bernau, der in seinem Berufsleben schon viele rote Teppiche kuratiert hat, bezeichnet sich schlicht als Mitarbeiter einer PR-Agentur.
Lokaltermin mit dem Rote -Teppich Kurator Oliver Bernau im Sony Centre am Potsdamer Platz.
"Man muss den Leuten nicht sagen, kommt irgendwohin zum roten Teppich, sondern sie sind schon da. Das ist ein großer Vorteil, weil man sich damit ein Haufen Arbeit erspart, wenn man Leute einladen möchte."
Regel Nummer eins für jeden erfolgreichen roten Teppich:
Je prominenter die Auswahl der Gäste auf dem roten Teppich, je prominenter der Ort, an der die rote Auslegware ausgerollt wird. Das Sony-Center mitten in Berlin mit seinem Dutzend Kinos ist der ideale Platz für Hollywood Blockbuster: von Krieg der Sterne bis James Bond, hier werden die paar Meter von der Limousine bis zum Kinoeingang gerne zelebriert.
Regel Nummer zwei: Die Planung beginnt schon lange, bevor das Teppich ausgerollt wird.
"Wo stehen die Journalisten? Wo stehen die Kameraleute, wo findet man ne Position um Interviews durchzuführen? ist das Licht günstig, oder blenden sich die Fotografen gegenseitig , sehen die Zuschauer auch noch was, oder habe ich nur Presse am roten Teppich?"
Fragen über Fragen: Da hilft nur Regel Nummer drei : Die perfekte Dramaturgie. Wer wann hier entlang schreiten darf, folgt einer strengern Rangordnung:
"Der Prinz kütt am Schluss. Der Wagen mit dem Prinzen wird am Ende erwartet, und das soll ja auch ne klimaktische Steigerung geben am roten Teppich. Das ganze hat jetzt so´n Erregungsmoment, sonst kann man sich den red carpet ja auch sparen."
Regel Nummer vier: Perfekt ist der rote Teppich nur dann, wenn eben nicht alles auf die Sekunde perfekt klappt.
"Das ist genau das, was das Adrenalin höher schießen lässt, dass man die Wagen vorfahren sieht , dass man ne Erwartungshaltung hat, wenn der Wagen vielleicht 30 Sekunden später vorfährt, dass die Fotografen und Journalisten ein bisschen aufgeregt agieren, wenn sie wissen, gleich geht's los."
Nie die Ruhe verlieren!
Die Konkurrenz auf dem roten Teppich ist groß und wer in der Aufmerksamkeitsskala ganz hinten steht, versucht das Interesse der Medien durch allerlei Tricks zu wecken.
"Es gibt echte tolle Diven , die auf dem Teppich sich präsentieren.. und man denkt wow. Und dann gibt's Leute die präsentieren sich und du denkst : Bitte geh weiter."
In diesem Fall greift Regel Nummer fünf: Nie die Ruhe verlieren. Was mitunter nicht einfach ist. Die Liste peinlicher Momente auf dem roten Teppich ist lang und auch Oliver Bernau, könnte mit seiner jahrelangen Erfahrung in einer angesagten PR-Agentur ein Lied davon singen. Könnte- denn die wichtigste Regel für alle Pr-Agenten, Presse-Referenten oder Publicists die im Hintergrund den roten Teppich planen lautet : Nichts soll den Eindruck trüben, als führte jeder rote Teppich zur Premiere des besten Films, der großartigsten Preisverleihung, der sensationellsten Produktvorstellung. Eine Geschichte erzählt der PR-Agent dann aber doch :
"Ich kann mich erinnern, dass es einen roten Teppich gab, bei dem der Hauptdarsteller, ich würde jetzt den Namen ungern nennen würden, offensichtlich vorgefeiert hatte und sich auf dem roten Teppich nicht entsprechend verhalten konnte. Das ist natürlich etwas, wo die Betreuer Schweißperlen auf der Stirn haben, wenn man sieht: Der Gast läuft nicht auf sondern neben dem roten Teppich her, oder läuft in die Gruppe rein und erzählt Sachen, die er vielleicht am nächsten Tag bitter bereuen wird."
Depp: "Mein Popo juckt."
Am nächsten Morgen titelte die Boulevard-Presse Hollywood Star macht sich bei der Berlin-Premiere seines Films zum Depp. Es war kein guter Tag für Oliver Bernau und seine Kollegen. Wer da jetzt über den roten Teppich torkelte? Dass darf ich Ihnen liebe Hörerinnen und Hörer leider nicht mitteilen.
Die letzte Rote-Teppich-Regel lautet: Jeder und jede will einmal die schmale Stoffbahn entlang schreiten. Und Oliver hat mir fest versprochen, dass er mich das nächste einladen will. Ich bin sicher, Sie haben Verständnis für mein Schweigen.

Reihe: Ungewöhnliche Kulturberufe

Sonntag, 3.1., ab 23:05 Uhr
Der Theaterarzt

Montag, 4.1., ab 23:05 Uhr
Der Rote-Teppich-Kurator

Dienstag, 5.1., ab 23:05 Uhr
Der Fake-Internet-Designer

Mittwoch, 6.1., ab 23:05 Uhr
Der Kunsttransporteur

Donnerstag, 7.1., ab 23:05 Uhr
Der Kunstfelsenbauer

Freitag, 8.1., ab 23:05 Uhr
Die Harfenmanagerin
Mehr zum Thema