Reihe: Junge deutsche Architekten

Suchen, bauen, verkaufen - das Berliner Büro Zanderroth

Symbolbild Hausbau
Symbolbild Hausbau © imago/Gerhard Leber
Von Lotta Wieden · 29.12.2014
Sascha Zander und Christian Roth kaufen brachliegende Grundstücke, planen Wohnhäuser darauf und suchen parallel nach potentiellen Käufern. Auf diese Weise kann das Architektenbüro Zanderroth seine Häuser frei entwerfen.
So muss man bauen: Sascha Zander, ein hochgewachsener Mann mit kahlrasiertem Schädel, zeigt stolz auf einen siebengeschossigen Neubau in Berlin Mitte.
"Das sind halt 55 cm dicke Betonwände/ Dämmbeton/ und sonst gar nichts. Und letztlich ist das Haus betoniert worden und diese Fenster aus Holz - und die sind ja relativ groß - acht Meter mal 2,10 - sind in einem Stück geliefert worden und dann mit nem Kran eingehangen - und dann war das Haus fertig. Und das hält halt für immer."
Das monolithische Bauwerk mit den dezenten Fassadenvorsprüngen strahlt Ruhe aus, wirkt schlicht, ohne allgemein zu sein und fügt sich wunderbar ein in die Gründerzeitbauten der Umgebung. Letzteres ist aber eher Zufall, sagt Zander:
"Uns ist völlig egal wie das aussieht. Weil wir die Sonntage bauen in der Stadt. Das ist wochentags und hier sind die Sonntage! Christian und ich sind halt Grundriss-Götter - wir machen Grundrisse und Schnitte und aus dem Schnitt und dem Grundriss entwickelt sich die Fassade –und dann ist es ein tolles Haus. Und was wir wollen ist, dass sich das einfügt, aber es muss nicht identisch sein, also wir müssen nicht reproduzieren."
Durch Ostberlin radelnd auf der Suche nach Baulücken
Vor 15 Jahren, mit Anfang 30 also, gründeten Sascha Zander und Christian Roth ihr Büro "zanderroth". In Berlin. Weil die Stadt damals noch so kaputt aussah als könnte sie zwei junge, ehrgeizige Architekten gut gebrauchen. Es war die Zeit, in der Sascha Zander durch die Ostberliner Innenstadt radelte auf der Suche nach Baulücken. Mehr als tausend machte er ausfindig, notierte Lage und Größe in einem eigenen Aktenordner. Und begann nach den Eigentümern zu forschen.
"Die Idee war mit den Eigentümern zu sprechen und zu sagen: Kann ich dir ein Haus bauen?"
Ein einziger Grundstücksbesitzer willigt ein. Immerhin! In der Lychnener Str. 43, Berlin-Prenzlauer Berg, kann das junge Büro erstmals seine Stärken zeigen, Christian Roth:
"Dieses erste Grundstück war ein schwieriges Grundstück und das ist auch eine der wenigen Chancen als junger Architekt, die man hat was zu bauen. Wenn die Aufgabe so schwierig und nervig ist, dass sie jemand anderes eigentlich gar nicht machen will, weil's zu kompliziert ist. Und das war bei diesem ersten Haus ganz extrem so: weil das nur 10 Meter breit war und nur 35 tief und auf beiden Seiten geschlossene Brandwände. Das war schon sehr kompliziert sich ein Haus auszudenken ..."
Der Erfahrungsgewinn allerdings ist immens:
Zander: "Wir haben da Schlosserarbeiten ausgeschrieben, /und dann haben wir ungelogen 15 Schlosser eingeladen und / wenn Sie von 15 Schlossern vier Mal die gleiche Geschichte hören, dann wissen Sie, dass die wahr ist. Und dann vergleichen Sie die Preise, und hangeln sich daran und merken dann: irgendwie geht das auch für die Hälfte."
Drei Jahre vergehen vom ersten Plan – bis zur Realisierung: Das Ergebnis – ein eleganter, achtgeschossiger Bau, dessen Glasfassade dank klug gesetzter Fassadenvorsprünge und umlaufender Aluminiumbänder lebendig, fast freundlich wirkt.
Roth: "Aber dann hat das jahrelang nicht mehr geklappt, weil das ja eine völlig naive Idee ist, sich zu überlegen: schreiben wir denen doch einen Brief, und dann wollen die vielleicht ein Haus bauen. Das hat halt ein einziges Mal geklappt bei unserem ersten Haus und dann halt jahrelang nicht mehr."
Sechs Preise gewannen sie für ein Projekt in der Zelterstraße
Es folgen fünf magere Jahre, in denen das Büro hauptsächlich mit Sanierungsaufträgen überlebt – heruntergekommene Altbauten flott macht. Kurz nach der Jahrtausendwende will niemand in Neubauten investieren – zu viel Leerstand in der Stadt, die Grundstückspreise sind im Keller. Dann suchen wir uns unsere Bauherren eben selbst zusammen, beschließen Zander und Roth. Sie bemühen sie sich um Kaufoptionen auf brachliegende Grundstücke, planen Wohnhäuser darauf, und suchen parallel nach potentiellen Käufern – Eigentümern, die sich zu Baugruppen zusammenschließen. Aus reinen Architekten werden betriebswirtschaftlich und juristisch erfahrene Unternehmer-Architekten. Hübscher Nebeneffekt: Zanderroth kommen auf diese Weise nicht nur an Bauaufträge, sondern sie können ihre auch Häuser frei entwerfen, niemand redet ihnen rein.
Zander: "Für uns ging's/(ja nur) darum, dass wir unsere Projekte so realisieren können, wie wir uns wünschen und der wirtschaftliche benefit in den Bauherrengemeinschaft landet. Also wir haben letztlich getauscht: künstlerische Freiheit gegen Geld - und das hat perfekt funktioniert."
Der Durchbruch gelingt 2010 – mit dem Wohnkomplex Zelterstraße im Stadtteil Prenzlauer Berg 45 Wohnungen mit Dachterrassen, großem Garten, Sommerküche und Sauna:
Roth: "Das ist mehr als einfach nur ein Haus, das ist schon fast ein kleines Dorf. Das sind ja Einfamilienhäuser die quasi so zusammen gebacken sind, auf engsten Raum und wie die Leute dann da zusammen leben und Kinder gemeinsam zur Schule gehen, das ist schon sehr toll."
Sechs Preise gewinnen Zander und Roth für die Zelterstraße, darunter den "Architekturpreis Berlin" und die Auszeichnung in der Sparte Wohnungsbau beim "Deutschen Architekturpreis" 2011. Heute betreuen die beiden Mittvierziger Bauprojekte mit 500 Wohnungen, haben 27 Mitarbeiter. Noch immer ist ihre Arbeitswoche mindestens 60 Stunden lang. Aber die Auftragsbücher für die nächsten zwei Jahre sind voll. Was dann? Die Grundstückspreise in den Großstädten sind so rasant gestiegen, dass das Baugruppenprinzip sich nur noch für Spitzenverdiener rechnet. Da fügt es sich gut, dass die beiden Mittvierziger inzwischen auch im kommunalen Wohnungsbau mitmischen und zu zahlreichen Wettbewerben eingeladen werden.
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