"Reichsbürger"

Melange aus rechten Gedanken und Verschwörungstheorien

Ein Polizist in Georgensgmünd (Bayern) vor dem Haus, in dem ein 49-jähriger Anhänger der Reichsbürgerbewegung auf Polizisten geschossen hat.
Ein Polizist vor dem Haus in Franken, in dem ein 49-jähriger Anhänger der "Reichsbürgerbewegung" auf Polizisten geschossen hat © picture alliance / dpa / Nicolas Armer
Thies Marsen im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke  · 19.10.2016
Ein Mann schießt auf Polizisten und verletzt vier von ihnen. Er legitimiert seine Taten damit, "Reichsbürger" zu sein. Thies Marsen ist Experte für Rechtsextremismus und beschäftigt sich schon länger mit den "Reichsbürgern" und ihrer Nähe zum Rechtsextremismus.
Ein Mann im fränkischen Georgensgmünd hat am Vormittag auf Polizisten geschossen, die seine Waffen konfiszieren wollten. 30 Waffen besaß der Mann, zwar legal, doch die Behörden waren zu der Überzeugung gelangt, dass er nicht mehr als "zuverlässig für den Besitz der Waffen" sei. Zuvor hatte der Mann den Behörden schriftlich mitgeteilt, dass er "Reichsbürger" sei und sich deshalb dem deutschen Staat und seinen Organen nicht unterzuordnen habe. Als die Beamten in sein Haus eindrangen, eröffnete der Mann ohne Vorwarnung das Feuer. Vier Polizisten wurden verletzt, zum Teil schwer, zwei durch Schüsse. Der Mann konnte später leicht verletzt festgenommen werden.
Thies Marsen ist Journalist und Experte für Rechtsextremismus beim Bayerischen Rundfunk. "Reichsbürger" seien zumeist ältere Männer, sagt Marsen, und stammten oftmals aus der Mittelschicht. Sie behaupten, dass das Deutsche Reich nach wie vor fortbestehe und die Bundesrepublik Deutschland illegitim sei, weil Deutschland nach wie vor unter Besatzung stehe.

"Ein Drittel Nazi, ein Drittel Spinner, ein Drittel beides"

Bisher verweigerten sie sich hauptsächlich, berichtet Marsen - aktiv in Erscheinung träten sie noch nicht, zum Beispiel mit Demonstrationen. Doch sie seien nach innen sehr aktiv und machten viele halböffentliche Veranstaltungen. Die verschiedenen Fraktionen, die es überall in Deutschland gebe, seien nur teilweise vernetzt. Doch man wisse nicht genau, wie viele von ihnen es überhaupt gibt, was vor allem daran liegt, dass sie noch nicht vom Geheimdienst überwacht würden.
Wie nah die Reichsbürger dem Rechtsextremismus stehen, ist unklar. Flapsig könne man sagen, "ein Drittel Nazi, ein Drittel Spinner, ein Drittel beides", meint Marsen. Von der Ideologie her lehnten sie den Staat ab, oft spielten auch Verschwörungstheorien eine Rolle. Für ihn seien sie "eindeutig rechtsextremistisch", denn "das Fundament kommt eindeutig aus dieser Ecke." Und der Vorfall in Franken zeige, dass die Behörden sie ernster nehmen müssten, als sie das bisher täten.
Ein selbst gebastelter Fantasie-Personalausweis einer Frau mit der Aufschrift "Deutsches Reich" aus dem Jahr 2010. 
"Reichs"-Fantasiepapier - hier ein Amtsausweis.© Verfassungsschutz Brandenburg
Mehr zum Thema