Regisseurinnen rebellieren gegen "Männergesellschaft" in Cannes

Helma Sanders-Brahms im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 14.05.2012
Im Wettbewerb des am Mittwoch beginnenden Festivals von Cannes stammen alle 22 Beiträge von Männern. Die Regisseurin Helma Sanders-Brahms zeigt Verständnis für einen Protestbrief dreier französischer Filmregisseurinnen gegen die Auswahl der Jury.
Die Filmregisseurin Helma Sanders-Brahms hält den Protestbrief von drei französischen Filmregisseurinnen für eine begründete Beschwerde gegen die diesjährige Auswahl bei den Filmfestspielen in Cannes.

In den letzten Jahren sei es mit der Auswahl von Wettbewerbsfilmen von Regisseurinnen in Cannes "sehr abwärts gegangen", sagte Sanders-Brahms. "Da muss man etwas machen. (…) Das ist schon eine Männergesellschaft, die beiden", so die Regisseurin über die Leiter des Filmfestivals von Cannes, Thierry Frémaux und Gilles Jacob. Im Wettbewerb des am Mittwoch beginnenden Festivals stammen alle 22 Beiträge von Männern.

Sie habe ihr ganzes Leben lang für eine spezielle Form der "weiblichen Ästhetik im Film" gekämpft, äußerte Sanders-Brahms: "Dass das, was die Frauen zu sagen haben, sich im Film wirklich genauso ausdrücken darf und genauso ernst genommen wird wie das, was die Männer sagen." Sie frage sich, warum die Filmkritik oft sehr abweisend auf die "ganz speziellen Frauenfilme" reagiere: "Da gibt es manchmal eine aggressive Reaktion, die eigentlich völlig unsinnig ist. Weil genau das ist ja das Besondere an diesen Filmen, und ist eigentlich auch das, was sie für Cannes qualifizieren würde."

Sanders-Brahms sprach sich allerdings gegen die Einführung einer Quote aus. Man müsse vielmehr ein entsprechendes Bewusstsein herausbilden, "gerade bei den Männern (…) Man kann erst eine wirklich vollendete Kultur haben, wenn man beide Seiten hat".

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