Regisseurin Laura Bispuri über "Sworn Virgin"

Die Sicht auf die Geschlechter drehen

Die italienische Regisseurin Laura Bispuri am 12.02.2015 in Berlin während der 65. Internationalen Filmfestspiele auf der Pressekonferenz für "Sworn Virgin" (Vergine Giurata). Der Film läuft im Wettbewerb der Berlinale.
Die italienische Regisseurin Laura Bispuri auf der Berlinale-Pressekonferenz ihres Films "Sworn Virgin" (Vergine Giurata). © picture-alliance / dpa / Lukas Schulze
Laura Bispuri im Gespräch mit Susanne Burg · 12.02.2015
Laura Bispuris "Sworn Virgin" begleitet eine junge Frau aus der Bergwelt Albaniens in das moderne Leben der Millionenstadt Mailand. Der Debütfilm der italienischen Regisseurin verbindet eine traditionelle Welt mit der aktuellen Genderfrage.
"Es ist sicherlich ein Film, der einen über die Geschlechter nachdenken lässt, über das Weibliche und das Männliche und seine Sicht darüber um 360 Grad drehen lässt", sagt Laura Bispuri über ihren Debütfilm, der im Wettbewerb der Berlinale Premiere feiert.
Vor dem Hintergrund einer alten albanischen Tradition habe sie in "Sworn Virgin" (Vergine giurata) eine sehr gegenwärtige Handlung erzählen wollen. Dass sich Mädchen und junge Frauen in Albanien entscheiden, fortan als Mann zu leben – verbunden mit dem Schwur ewiger Jungfräulichkeit – habe verschiedene Gründe. Manchmal fehle der männliche Stammhalter einer Familie, manche Mädchen wollten einer arrangierten Ehe entgehen, andere als Frauen die Freiheit der Männer genießen, erklärt Laura Bispuri: "Viele von diesen Frauen haben sich tatsächlich schon in einem Alter von zwölf, dreizehn Jahren entschieden, diesen Schritt zu gehen. In einem Alter, in dem sie eigentlich überhaupt nicht absehen konnten, was für Konsequenzen das hat, was daraus folgt."
Aus Hana wurde Mark
Auch Bispuris Filmheldin Hana opfert für die vermeintliche Freiheit ihre Weiblichkeit, erhält den Namen Mark, einen Dolch und wird in der Folge wie ein Mann behandelt. "Sie geht diesen Schritt vom Weiblichen zum Männlichen: eine große Reise innerhalb des Geschlechterthemas", sagt Laura Bispuri. Doch nach zehn Jahren in der Abgeschiedenheit der archaischen Berglandschaft Albaniens entschließt sich Hana alias Mark, ihr Leben erneut zu ändern und setzt sich in den Zug nach Mailand, wo ihre Schwester mit Familie lebt. Im italienischen Teil des Films stecke die eigentliche Entwicklung der Figur, die so etwas wie ein Halbwesen sei: "Sie ist weder Mann noch Frau, obwohl sie eigentlich mehr Frau ist. Aber diese Figur kann man auch in einer Gesellschaft wie der unseren finden. Ich denke, das ist ein sehr aktuelles Thema."
Verzauberte Bergwelt
Während sie am Drehbuch für "Sworn Virgin" arbeitete, ist Bispuri immer wieder in die Berge Albaniens gefahren: "Die Vorbereitungen für diesen Film haben sehr lange gedauert: dreieinhalb Jahre insgesamt." Die Regisseurin spricht von einer Studienzeit, in der sie die Welt dort erforscht hat, die Traditionen der Menschen und ihre Kultur: "Ich habe diese Landschaft aufgesogen und sie hat mir auch sehr viel geschenkt, diese Welt. Diese verhexten Berge. Es wirkt schon alles sehr verzaubert. Ich habe eine gewisse Liebe zu dieser Landschaft und zu dieser Welt entwickelt."

Das Filmmagazin "Vollbild" live von der Berlinale - die komplette Sendung vom 12.2.2015.