Regisseur Milo Rau

"Tribunal" im Bürgerkriegsland Kongo

Der Schweizer Regisseur Milo Rau; Aufnahme vom Oktober 2012 in Weimar. Hier wollte Rau die Lesung "Breiviks Erklärung" aufführen. Das Deutsche Nationaltheater Weimar verbot die Inszenierung über den norwegischen Massenmörder Breivik, bei der auch für die Öffentlichkeit gesperrte Auszüge verlesen werden. Das Stück wurde dann in einem privaten Kino gezeigt.
Der Schweizer Regisseur Milo Rau; Aufnahme vom Oktober 2012 in Weimar. Hier wollte Rau die Lesung "Breiviks Erklärung" aufführen. Das Deutsche Nationaltheater Weimar verbot die Inszenierung über den norwegischen Massenmörder Breivik. © re alliance / ZB
Moderation: Gisela Steinhauer · 24.06.2015
Milo Rau ist ein sehr umtriebiger, politisch motivierter, dokumentarisch arbeitender Regisseur, der gerade ein Stück über den Kongo im Kongo aufgeführt hat. Er nennt es das "wohl größenwahnsinnigste politische Kunstprojekt unserer Zeit".
Für sein jüngstes Projekt ging er mitten hinein in ein schwer gebeuteltes Land. Im Kongo eröffnete der Autor und Regisseur Milo Rau Ende Mai diesen Jahres das "Kongo Tribunal". Dabei handelt es sich um ein fiktives Verfahren, in dem internationale Konzerne und lokale Eliten für den blutigen Kampf um Rohstoffe zur Verantwortung gezogen werden.
Im "Kongo Tribunal" geht es auch um die wirtschaftlichen Gründe für den 20-jährigen Bürgerkrieg im Land. Rau selbst nennt es "das wohl größenwahnsinnigste politische Kunstprojekt unserer Zeit". Diese Aussage beruhe auch auf der Form des Projekts, sagte Rau im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur:
"Also wirklich in einem Bürgerkriegsgebietsgebiet ein Tribunal zu machen mit hundert Beteiligten, die aus allen Seiten dieses Konflikts bestehen. Also es ist ja ein Wirtschaftskrieg. Wir haben Leute, die diese Firmen leiten, die Leute umsiedeln lassen mit Hilfe der Armee eingeladen. Wir haben aber auch die umgesiedelten Leute, Rebellen, Armeeführer und Regierungsvertreter eingeladen. Wir sind ganz in die Breite gegangen."
Hochgefährliches Projekt
Das ganze Unterfangen sei hochgefährlich gewesen, erzählte Rau:
"Wir hatten zusammen mit der UNO ein Zeugenschutzprogramm entwickelt. Die UNO ist dann leider abgesprungen. Wir mussten Leute verhüllen, wir mussten auf Anonymität achten. Wir konnten dann zum Glück mit der nationalen Polizei zusammenarbeiten."
Ein riesiger organisatorischer Aufwand
Dieser organisatorische Aufwand habe ihm den Begriff "Größenwahn" abgerungen, meinte Rau:
"Ich habe schon in allen möglichen Ländern gearbeitet, Russland, Rumänien, Ruanda. Im Ost-Kongo gibt es nichts. Und da einen Film mit 500 Beteiligten zu machen, mit neun Kameras – also das ist quasi eine Unmöglichkeit organisatorischer Art."
Mit seinem radikal dokumentarischen Theater sorgt Rau immer wieder für Aufsehen. So stellte er in Moskau die Prozesse gegen die Punkband "Pussy Riots" dar, in "The Civil Wars" setzte er sich mit der Motivation junger Jihadisten auseinander, in "Hate Radio" mit dem Genozid in Ruanda. In den nächsten Tagen wird eine "Experten-Konferenz" zum Kongo in der Berliner Schaubühne stattfinden. Und heute Abend stellt er sein neues Buch "Althussers Hände" in den Berliner Sophiensälen vor.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
In diesem Theatersaal spielte Milo Raus "Kongo-Tribunal".© IIPM
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