Reaktion auf Abschreckungskampagne

Die Asylbewerber kommen trotzdem

Flüchtlinge aus Albanien in der zur Flüchtlingsunterkunft umgebauten Alfred-Fischer-Halle in Hamm
Flüchtlinge aus Albanien in einer Flüchtlingsunterkunft in Hamm. © picture alliance/dpa/Ina Fassbender
Von Karla Engelhard · 12.08.2015
Mit einem Video will das Innenministerium Menschen aus dem Westbalkan davon abhalten, in Deutschland Asyl zu suchen. Die Bundesrepublik erscheint darin hart und kalt. Doch die Betroffenen in Ländern wie Bosnien-Herzegowina, Albanien oder Kosovo sagen: "Ein Video kann mich nicht abschrecken."
Menschen steigen in einen Bus mit der Aufschrift „Polizei". Im düsteren Aufklärungsvideo des Bundesinnenministeriums ist Deutschland kalt, grau, verregnet. Kein Ziel von Träumen, kein besseres Leben, keine Arbeit, kein Asyl. Nur Schlepper gewinnen. Dazu die Stimme aus dem Off:
Video:
"Die Wahrheit ist, dass die Suche nach Arbeit in Deutschland nicht als Asylgrund anerkannt wird und das die Wahrscheinlichkeit für Menschen aus dem Westbalkan in Deutschland tatsächlich politisches Asyl zu erhalten, äußerst gering ist."
Im Kurzfilm müssen Familien mit Kindern ihre Koffer packen, Beamte packen sie wieder aus, durchsuchen alles. Vorbereitung für die Abschiebung, falls die abgewiesenen Asylbewerber nicht freiwillig zurückfahren:
"Die hohen Kosten der Abschiebung, von meist vielen tausend Euro werden dann dem Abgeschobenen in Rechnung gestellt und können noch nach vielen Jahren eingefordert werden."
Drohung mit Geldstrafen und Gefängnis
Weitere Fakten: Bei Abschiebung gibt es einen Stempel in den Reisepass und einen Vermerk in der Datenbank. Damit gilt automatisch ein Wiedereinreiseverbot für alle Schengen-Staaten. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldstrafen und Gefängnis rechnen. Damit sollen potentielle Asylsuchende aus den Westbalkanländern abgeschreckt werden.
In Serbien, Mazedonien, Albanien, Kosovo, Bosnien und Herzegowina und Montenegro – der Kurzfilm läuft in fünf Sprachen derzeit nur in Albanien und im Internet. Die anderen Länder sollen folgen. In Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina meinen junge Leute:
"Ich glaube die Menschen nehmen das Video nicht ernst, sie verlassen auch weiter das Land."
"Ein Video kann mich nicht abschrecken, wenn ich etwas im Leben verwirklichen will und meine Zukunft dort sehen."
"Es sind schwere Zeiten, jeder glaubt, dass es woanders besser ist und gehen dorthin."
Die Arbeitslosigkeit ist dramatisch hoch
Bei einer Arbeitslosigkeit von 30 bis mehr als 50 Prozent auf dem Westbalkan ist ein Weggehen auf der Suche nach Arbeit nachvollziehbar. Dennoch heißt es am Schluss im Aufklärungsvideo aus dem Hause de Maiziere, als eine Art Appell an die potentiellen Asylsuchenden aus den Westbalkanländern:
"Ruinieren Sie nicht sich und ihre Familien finanziell und wirtschaftlich für ihre Schleusung nach Deutschland. Helfen sie aktiv mit ihr Heimatland wirtschaftlich aufzubauen, bringen sie ihre Kenntnisse und Fertigkeiten dort ein und entwickeln sie so eine dauerhafte Existenzperspektive für sich und ihre Familie."
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