Raumfahrt-Design im DAM Frankfurt

Schöner Wohnen im All

Von Rudolf Schmitz · 25.06.2015
Sie hat der sowjetischen Raumfahrt Seele, Farbe, ein Interieur und so etwas wie Behaglichkeit gegeben: Galina Balaschowa. Im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt (DAM) wird ihr Werk nun erstmals gewürdigt - die 83-jährige Designerin war zur Eröffnung vor Ort.
Galina Balaschowa ist eine Frau, die praktisch denkt. Zur Pressekonferenz hat sie eine Mappe mit Materialproben mitgebracht. Das entscheidende Problem mit der Schwerkraft war immer dasselbe: Wie befestigt man die nötigen Dinge in der Raumkapsel. Galina Balaschowa zeigt, wie das ging: Mit Wandbespannungen aus Stoff und einem einfachen Klettbandsystem …
Für dieses Befestigungssystem habe sie von den Kosmonauten viel Lob bekommen, sagt sie. Und natürlich für das schöne Interieur mit den angenehmen Farben.
Als Sergej Koroljow, der Leiter des sowjetischen Raumfahrtprogramms, sie 1963 einlud, Entwürfe für den Wohnbereich der Sojus-Raumschiffe zu gestalten, brauchte sie dafür nur einen einzigen Tag. Sie lieferte ihm das Aquarell einer eierförmigen Kapsel mit Sofa, Küchendesk und Buchregal. In lichten Blau- und Grüntönen und mit ockerfarbener Wand. Das Frankfurter Architekturmuseum zeigt in einer liebevoll gestalteten Ausstellung nicht nur diese frühen Aquarelle, sondern auch Balaschowas technische Zeichnungen, Raumfahrernahrung, Kosmonautenanzüge und diverse Raumschiffmodelle. Der Architekt und Kurator Philipp Meuser hat die Designerin der sowjetischen Raumfahrt entdeckt und sie nach Frankfurt gebracht. Zu ihrem eigenen Erstaunen.
"Das Besondere an der Arbeit von Galina Balaschowa und auch an der Person ist, dass sie im Laufe der ganzen Jahrzehnte, in denen sie ja an diesem russischen Raumfahrtprogramm tätig war, so bescheiden geblieben ist. Das ist für sie eine reine Arbeit gewesen, eine technische Arbeit. Und sie ist sich bis heute gar nicht so richtig bewusst geworden, dass diese technischen Zeichnungen, diese Ingenieursleistung, die sie erbracht hat, einen baukünstlerischen Wert haben."
Das Architekturmuseum hat den zentralen Kern der MIR-Raumstation im Maßstab 1:1 nachgebaut. Super eng für vier Kosmonauten. Auf dem Boden entsprechend vergrößerte Konstruktionszeichnungen von Galina Balaschowa: die Positionen fürs Schlafen, fürs Essen, für die Bedienungseinheiten.
Entwürfe begeisterten Astronauten
"Wir haben in dieser Ausstellung erstmals die Zeichnungen von Frau Balaschowa, die ja nie über das Format A1 hinaus gegangen sind, wir haben teilweise diese Zeichnungen auf einen 1:1-Maßstab hochgeblasen, was uns auch heute die Möglichkeit gibt, noch einmal zu zeigen, in welchen Dimensionen diese Kosmonauten auch gelebt haben, und das ist in meiner Wahrnehmung auch noch ein schönes Element, um noch mal den Besucher in diese Zeichnungen so richtig rein zu ziehen."
Um den Kosmonauten in der Schwerelosigkeit Orientierung zu geben, hatte Galina Balaschowa Wände, Decke und Boden in unterschiedlichen Farben gestaltet. Als bei der Apollo-Sojus-Mission von 1975 die amerikanischen Astronauten die Sojus-Kapsel von innen sahen, waren sie begeistert und sogar ein bisschen neidisch.
Sie mochten es wirklich gerne, erzählt Frau Balaschowa, und sagten, es sei wie ein Fernsehstudio.
Auch das Emblem für das gemeinsame Raumfahrtprogramm hatte die Designerin entworfen: Ein Ying-Yang-Symbol in tiefem Blau und Rot, das eine Weltkugel mit Olivenzweig umschließt. Damals war es überall in den Medien zu sehen. Wer es entworfen hatte, wusste keiner. Denn alles unterlag strengster Geheimhaltung. Und hat es Galina Balschowa niemals gereizt, selbst in den Weltraum aufzubrechen?
Nein, sagt sie, darauf wäre sie nie gekommen. Ihr einziges Interesse habe ihrer Arbeit gegolten, ihren Projekten für den Raum ohne Schwerkraft. Jetzt endlich wird das faszinierende Lebenswerk dieser bescheidenen Pionierin in Frankfurt gewürdigt. Und man erinnert sich mit Nostalgie an die utopischen Momente des 20. Jahrhunderts.
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