Rassismus

Kings Traum und Claibornes Wirklichkeit

Zwei Teilnehmer einer Demonstration gegen Rassismus halten sich am 28.08.2008 in Washington an den Händen - der eine schwarz, der andere weiß.
Von Freundschaft zwischen Weißen und Schwarzen konnte C.B. Claiborne in seiner aktiven Zeit nur träumen. © picture alliance / dpa / Astrid Riecken
Von Thomas Jaedicke · 06.07.2014
Die Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion oder Geschlecht war in Amerika seit 1964 zumindest offiziell verboten. Doch Sportler wie C.B. Claiborne, der erste schwarze Basketballer im College Team der Duke Universität in North Carolina, erlebten eine andere Realität.
Amerika sieht sich gern als nobler Anwalt für Freiheit und Demokratie. Aber zu seiner Geschichte gehören auch Rassentrennung und Unterdrückung, die bis heute nicht vollständig überwunden sind. Am 2. Juli vor 50 Jahren trat in Washington der Civil Rights Act of 1964 in Kraft. Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion oder Geschlecht an öffentlichen Einrichtungen war nun offiziell verboten. Die Realität sah - besonders in den von der Tradition der Sklaverei geprägten Südstaaten des Cotton Belts - oft noch ganz anders aus. Zum Beispiel an der elitären Duke University in North Carolina. Vor 50 Jahren war der damals 18-jährige C.B. Claiborne dort der erste schwarze Basketballer im College Team.
Oft war C.B. Claiborne bei den Spielen der Collegeleague, die auch damals schon von Tausenden Zuschauern besucht wurden, der einzige Schwarze in den riesigen Arenen. Auswärtsfahrten in die liberale Atmosphäre New Yorks oder an die Westküste nach Los Angeles waren seltene Highlights. In der Regel spielte das Team vor einem provinziellen Südstaaten-Publikum, das sich nicht selten aggressiv und reaktionär verhielt. Die rassistischen Bemerkungen der Zuschauer galten meist C.B. Aber - anders als seine weißen Mannschaftskameraden – war er wegen seiner Herkunft aus dem Süden daran gewöhnt.
"Für meine Mitspieler, einige waren aus Chicago, andere kamen aus Maryland oder Indiana… für sie war es eine ganz andere Lebenswelt. In gewisser Weise war es für sie genauso hart oder sogar noch härter. Und jedes Mal, wenn sie auf dem Parkett waren und es Bemerkungen gab, die mir galten, traf es auch sie.“
Mitspielen ja, dazugehören nein
Schnell ist C.B. eine Verstärkung fürs Team. Mit dem schwarzen Freshman in der Starting Five gewinnen Dukes Blue Devils noch öfter als sonst. Die Anderen respektieren ihn wegen seiner sportlichen Leistung. Aber nach den Spielen darf er zur Erfrischung erst in den Pool, wenn die weißen Duke-Spieler wieder draußen sind. Zur Saisonabschlussfeier in einem exklusiven Country Club wird er als einziger nicht eingeladen. C.B. Claiborne, der aus sehr einfachen Verhältnissen in Virginia stammt und sich das teure Studium nur wegen eines Stipendiums leisten kann, das er sich im Weißen Haus bei Präsident Lyndon B. Johnson persönlich abholen darf, darf mitspielen, aber dazugehören darf er nicht.
"Ehrlich gesagt, es war eine Herausforderung. Das waren die 60er-Jahre. Eine Menge Barrieren wurden damals niedergerissen. Mir war das damals gar nicht so bewusst.“
Barry Jacobs: "Ich denke, es hängt von der Persönlichkeit ab. C.B. hat es, wie mir scheint, locker genommen und keine große Verbitterung gezeigt.“
Barry Jacobs, eine Jude aus New York, hat in den 60er-Jahren zusammen mit C.B. Claiborne an der Duke Uni studiert. Nach seinem Studium wurde Jacobs Sportjournalist. Für sein Buch "Across the Line“ hat er mit vielen der ersten, schwarzen Collegesportler gesprochen, die damals an die Südstaaten-Universitäten kamen.
"Sie haben immer noch Dixie gespielt. Die American Football Spieler ließen immer noch die Konföderierten-Flagge aus ihren Schlafsälen hängen. Ernie Jackson, der erste schwarze Duke Football Spieler, hat mir erzählt, dass er mit Leuten spielen musste, denen er nicht traute, weil er wusste, dass sie Rassisten waren. Aber er musste mit ihnen spielen, weil sie seine Mannschaftskameraden waren. Und das war keine gute Erfahrung.“
Barry Jacobs beschreibt in seinem Buch, dass es nur selten offenen Rassismus gab. Aber keiner der 15 schwarzen Collegesportler, mit denen er sprach, hat sich damals an den Südstaaten-Unis wohl gefühlt. Viele empfanden ein diffuses Gefühl der Ablehnung, die fast überall, wo sie auftraten, sofort spürbar gewesen sei.
"Du kommst in einen Raum, und die Leute dort wünschten, du wärst nicht da. Viele haben mir das so erzählt und einige Schwarze würden das heute immer noch so beschreiben. Wenn sie in einen Raum kommen, wird es still. Niemand sagt: ´Hallo!´“
Von vielen geschnitten
Obwohl die ersten schwarzen Collegesportler Mitte der 60er-Jahre an den Unis der USA von vielen geschnitten wurden, schmückten sich die Hochschulen gern mit den Erfolgen, an denen sie großen Anteil hatten. Titel und Trophäen in den populären Disziplinen American Football und Basketball halfen enorm, neue Studenten und Sponsoren anzulocken.
Für die ersten afroamerikanischen Studenten war der Sport eine Chance, ihren gesellschaftlichen Status – nicht nur auf dem Campus – zu verbessern. Ernie Jackson und C.B. Claiborne waren Pioniere. Als Stars ihrer Collegeteams wurden sie – auch von weißen Kommilitonen, zumindest insgeheim – bewundert. Die ersten schwarzen Collegesportler verbesserten ganz konkret das Umfeld für ihre Nachfolger. Dadurch, dass sie nun in Mannschaften auftraten, in denen zuvor nur Weiße spielten, schufen sie ein neues Bewusstsein für gesellschaftliche Veränderungen.
"Wenn ich versuchen würde, zusammenzufassen, was ich von der Duke Universität fürs Leben mitgenommen habe, dann ist es die Lust, Pionier zu sein; die Lust darauf etwas zu verändern.“
C.B. Claiborne wurde Ingenieur. Er arbeitete unter anderem in der Produktentwicklung des Autoherstellers Ford. Später hatte er eine Professur für Marketing.
"Obwohl ich derjenige war, der in einem gewissen Maß im Fokus stand, ging es eben nicht nur um mich. Jedes Mal, wenn ich auf´s Spielfeld ging, gingen auch noch vier andere Jungs mit auf dieses Feld. Wenn es darum ging, Barrieren niederzureißen, dann haben wir das gemeinsam getan, als Team.“