"R.E.D. - Älter. Härter. Besser"

Gesehen von Hans-Ulrich Pönack · 27.10.2010
Sie waren einst als hochkarätige Experten für den CIA unterwegs und halfen, "lästige Probleme" zu beseitigen. Nun sind sie pensioniert und verstreut in alle Winde. Und dennoch können die alten Haudegen immer noch austeilen, wie Regisseur Robert Schwentke in dieser blödsinnigen, aber doch unterhaltsamen Action-Komödie vorführt.
Nach Roland Emmerich (zuletzt "2012") ist der 1968 in Stuttgart geborene Regisseur Robert Schwentke der zweite Erfolgs-Schwabe, der es in Hollywood geschafft hat. Er hat "drüben" Regie studiert, "hier" für einige ARD-"Tatorte" die Drehbücher verfasst und dann die Filme "Tattoo" (2002) und "Eierdiebe" (2003) gedreht, bevor Hollywood rief und sich ihm "Oscar"-Lady Jodie Foster ("Angeklagt"; "Das Schweigen der Lämmer") für den Thriller "Flightplan – Ohne jede Spur" 2005 anvertraute, der dann an den nordamerikanischen Kinokassen bestens "funktionierte". Im Vorjahr war Schwentke mit seiner amerikanischen Science-Fiction-Romanze "Die Frau des Zeitreisenden" eher "unauffällig" in den Kinos.

Hier nun adaptiert er die gleichnamige (mir unbekannte) Comic-Vorlage des Briten Warren Ellis (Text) und des Amerikaners Cully Hammer (Illustration) aus den Jahren 2003/2004, in den USA unter dem Wildstorm-Label von DC Comics erschienen. Die sei allerdings ziemlich humorlos und sadistisch, hört man aus Kollegenkreisen (Birgit Roschy von der Agentur DAPD). Also das genaue Gegenteil von dem, was der Film nun vermittelt.

Aber der Reihe nach: "Oldies" sind gerade im amerikanischen Genre-Kino angesagt. Waren es kürzlich die eher unappetitlichen Auftritte von Sylvester Stallone & Co. als "The Expendables", so geht es hier schon weitaus "lockerer" und vor allem A-prominenter zu. Und sehr viel ironischer, amüsanter, augenzwinkernder. Wir konstatieren: Sie waren einst als hochkarätige Experten für den CIA und unterwegs und halfen, "lästige Probleme" zu beseitigen. Nun sind sie pensioniert und verstreut in alle Winde.

Wie Frank Moses (Bruce Willis). Trotz des Ruhestands hält er sich täglich fit, weiß aber sonst mit seiner Zeit wenig anzufangen. Langweilt sich. Für Abwechslung sorgt hin und wieder das flirtige Telefonat mit der Sachbearbeiterin Sarah, die für seine monatlichen Pensionsschecks zuständig ist. Da kommt es gerade recht, dass er eines bösen Morgens in seinem Haus – sagen wir mal …"attackiert" wird. Auf gut deutsch: Man will ihn killen.

Wer, warum und überhaupt, Frank hat keine Ahnung. Und vermag sich natürlich "lässig" zu wehren und zu behaupten. Allerdings ist sein Haus nun nicht mehr "bewohnbar". Allerdings II: Ein Elite-Typ wie dieser Frank Moses ist nun reaktiviert. Entführt erst einmal die überrumpelte Sarah, die nun auch durch den regelmäßigen Telefonkontakt mit ihm gefährdet ist (und auch überrascht ist, solch einen alten Sack von "Kahlkopf" vor sich zu haben), und trommelt aus dem ganzen Land seine "Ehemaligen" zusammen.

Einen 70-jährigen Schwarzen namens Joe, der es sich im Pflegeheim gut gehen lässt (Morgan Freeman); den voll schrill paranoiden Marvin, der in Florida in einer Art Auto-Bunker lebt, einst zu viel LSD (zu Versuchszwecken) "abbekommen" hat und gegen "gegnerische Angriffe" stets gewappnet ist (John Malkovich). Während die smarte Lady Victoria eine "standesgemäße" feine Provinz-Pension führt und nur noch für einige Nebenjobs hin und wieder mal das unter ihrem schönen Kleid verborgene Maschinengewehr "nutzt" (Helen Mirren).

Nun sind sie alle wieder beisammen. Und machen sich ans Werk herauszufinden, wer darauf so scharf ist, sie alle zu eliminieren. Natürlich sind es die Milchreisbubis im eigenen CIA-Hause, die da ihr intrigantes Süppchen kochen. Und weil die so dusslig sind, unterschätzen sie permanent "die Alten". Die sich fortan zünftig wieder "hocherfreut austoben".

Natürlich Quatsch. Natürlich Blödsinn. Natürlich die volle Übertreibung. Aber eben - die volle kesse, ironische, amüsante, augenzwinkernde totale Übertreibung. In "R.E.D." geht es einzig und allein darum, Quatsch noch quätscher werden/aussehen zu lassen. Ohne Rücksicht auf logische Verluste. Oder so. Das hätte natürlich auch fürchterlich dämlich veranstaltet werden können, wären da nicht die gut aufgelegten und offensichtlich viel Übertreibungsspaß habenden Superstars.

Bruce Willis (55/"Stirb langsam 1-99") gibt einmal mehr den lässig-souveränen Macho. "Oscar"-Hero Morgan Freeman (73/"Million Dollar Baby") trickst gemütlich wie operetten-kostümiert herum; der feinsinnig-schräge John Malkovich (57/"Being John Malkovich") macht köstlich auf forever durchgeknallt. Die wunderbare britische "Oscar"-Dame Helen Mirren (65/"The Queen") hat offensichtlich einiges Vergnügen daran, elegant herumballern zu dürfen.

Unterstützt werden sie dabei vom Wodka-seeligen russischen Ex-Kalten Krieger-Kollegen Ivan (der schottische 1. "Hannibal Lecter" Bian Cox aus "Manhunter/Blutmond"/1986; heute 64), der nun seinen einstigen Lieblingsfeinden "melancholisch-stilsicher" wie süffisant die Flanke sichert. Oder so.

Weiterhin mit von der wüsten, durchtriebenen Knall-Party: Der mittlerweile 93-jährige "Oscar"-Akteur Ernest Borgnine ("Marty"/1955) in einem kleinen Part als Archivar sowie der 63-jährige "Oscar"-Liebling Richard Dreyfuss ("Der Untermieter"/1977) als reiches wie einflussreiches Ekelpaket von Unternehmer.

Rechnen wir mal zusammen, balgen sich hier insgesamt 250 Jahre Hauptdarsteller plus nochmal 156 Jahre alte "Nebenfiguren". Klar, dass da so ein Jungspund-Agenten-Verfolger wie der 38-jährige Neuseeländer Karl Urban (war der junge Dr. Leonard "Pille" McCoy in der letzten "Star Trek"-Verfilmung/2008) als William Cooper ziemlich blass ausschauen muss. Gegen so viele geballte Power-Erfahrung ist er trotz aller Anstrengungen ziemlich machtlos.

"R.E.D.", steht für "Retired.Extremely.Dangerous.", ist eine bleihaltige urige Pointen-Balgerei, bei der sich Stars mal so richtig "die Kanne" geben und austoben können. Als pure Okay-Unterhaltung zum unterhaltsamen Schnellverzehr.

USA 2010; Regie: Robert Schwentke; Hauptdarsteller: Bruce Willis, Morgan Freeman, John Malkovich, Helen Mirren; FSK: ab 16; Länge: 111 Minuten

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