Prüfpflicht für Internet-Anbieter

De Maiziere will Provider-Haftung verschärfen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Anbieter im Internet stärker in die Pflicht nehmen. © AFP / Tobias Schwarz
Von Falk Steiner · 21.07.2016
Bisher müssen Provider erst handeln, wenn sie Kenntnis von Straftaten im Netz erlangt haben – und diese dann entfernen. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere, will diese Regelung nun verschärfen. Die Internetbranche ist irritiert.
Der Bundesinnenminister will die Anbieter im Internet stärker in die Pflicht nehmen:
"Das ist in der Tat ein sehr wichtiges und ärgerliches Thema, wir sind intensiv mit den Providern im Gespräch, wir wollen, dass Anleitungen zum Bombenbauen, dass Anstachelungen zum Hass, dass das verschwindet aus dem Netz. Das ist schwierig, die Anbieter sind oft nicht in Deutschland, die sagen 'wir sind neutral, es gibt Meinungsfreiheit, wir können das nicht beurteilen, das ist eine andere Sprache' und so weiter. Aber ich halte das nicht für überzeugend. Wir wollen, dass die Provider selbst eine Haftung dafür übernehmen, wenn Straftaten in ihrem Netz stattfinden."
Das sagt der Minister im ZDF-Morgenmagazin. Die Aussage klingt zwar entschieden, ist aber nicht eindeutig. Sind die Netzbetreiber gemeint? Oder doch die Anbieter von Diensten im Internet? Geht es um die Gespräche, die der Justizminister mit Facebook und Co. zum Thema Hate Speech führt?
Auf Nachfrage teilt das Innenministerium diesem Sender mit, dass es selbst im Gespräch mit den großen Plattformbetreibern sei, um eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen zu erreichen.

Entsetzen beim Branchenverband Eco

Der Geschäftsführer des Internetbranchenverbandes Eco Oliver Süme ist über den Vorwurf de Maizieres geradezu entsetzt:
"Es ist beileibe nicht so, dass die Branche nichts dagegen tut, im Gegenteil, wir sind da sehr aktiv, wir arbeiten mit dem Bundeskriminalamt unter anderem zusammen, und auch vor dem Hintergrund sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, von den Providern jetzt noch ein größeres Engagement einzufordern, das besteht, oder auch über eine Haftungsverschärfung nachzudenken."
Derzeit funktioniert die Haftung nach dem Prinzip: Erst wenn ein Anbieter Kenntnis erlangt hat, muss er handeln. Aktive Prüfpflichten, wie der Innenminister sie fordert, würde bedeuten, dass die Anbieter die Inhalte ihrer Kunden auch ohne eine Benachrichtigung selbst kontrollieren müssten.

Deutsche Telekom weiß von nichts

Die Deutsche Telekom, die nicht nur Leitungen anbietet, sondern auch selbst großer Anbieter von Speicherplatz im Internet ist, konnte wie der Branchenverband Eco auf Anfrage von keinerlei entsprechenden Gesprächen mit dem Innenministerium berichten.
Auch der IT-Wirtschaftsverband Bitkom äußerte sich auf Anfrage kritisch gegenüber einer Ausweitung der Anbieterhaftung. Es sei nicht Aufgabe der Privatwirtschaft über die Rechtswidrigkeit eines Inhalts zu entscheiden oder die grundrechtliche Abwägung zur Meinungsfreiheit wahrzunehmen. Die Unternehmen seien zur Übernahme von Verantwortung bereit, aber die Identifizierung derartiger Inhalte sei auch schon technisch schwierig.
Erst vor wenigen Wochen war eine verschärfte Regelung für Internetdiensteanbieter im Bundestag am Widerstand der Fachpolitiker gescheitert, allerdings hatte die Bundesregierung sich im April eben dafür eingesetzt – offenbar will der Innenminister im Lichte der Ereignisse von Würzburg einen neuen Anlauf unternehmen. Und auch auf europäischer Ebene wird derzeit über mögliche Verschärfungen diskutiert, nach der Sommerpause sollen dort neue Vorschläge auf den Tisch kommen.
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