Proteste gegen die Kürzungspläne in Sachsen-Anhalt

Von Christoph Richter · 13.06.2013
Sachsen-Anhalts Kulturhaushalt soll offenbar im kommenden Jahr um 13 Prozent gekürzt werden. Als eine Katastrophe empfinden das die Intendanten der betroffenen Häuser. Und vor allem: Der Kulturkonvent, eingesetzt vom Landtag, hatte etwas ganz anderes empfohlen.
Insgesamt will die Magdeburger Landesregierung den sachsen-anhaltischen Theatern und Orchestern ab 2014 rund sieben Millionen Euro weniger zur Verfügung stellen. Strukturelle Anpassungen nennt das SPD-Kultusminister Stephan Dorgerloh. Und unterstreicht, dass sich das Land Sachsen-Anhalt zukünftig nicht mehr als zwei Vierspartenhäuser leisten könne, weswegen man dem Theater Dessau empfehle, auf einzelne Bereiche zu verzichten.

"Ja, wir haben schlichtweg nicht mehr das Geld. Wenn die Hauptfinanciers nicht mehr die Mittel haben, muss man sich angucken, was kann in einer Stadt dieser Größenordnung und dieser Einwohnerstruktur und mit dem sonstigen Erbe sich im Theaterbereich leisten. Und dann kann man diesen strukturellen Fragen nicht mehr ausweichen."

Schon ab dem kommenden Jahr soll das Anhaltische Theater Dessau mit rund drei Millionen Euro weniger auskommen. Damit wäre das Dessauer Theater das größte Streichopfer auf der Liste der Kürzungspläne. André Bücker, der Intendant des Anhaltischen Theaters ist völlig entsetzt. Und findet klare Worte.

"Ich bin so empört, dass ich jetzt gerade nicht rumschreien kann. Wir reden von Menschen, die mittels ihrer Vitalität einen gesellschaftlichen Mittelpunkt in einer Stadt definieren. Und dass man mit denen so umgeht, ist mit Skandal noch freundlich umschrieben."

Mit 180.000 Zuschauern ist das Dessauer Theater einer der kulturellen Leuchttürme der Region. Erst kürzlich startete man einen Ring-Zyklus, der auch bundesweit für Aufsehen sorgte.

Aber auch für Halles Theater und Orchester sieht die Zukunft nicht rosig aus, hier will die Landesregierung die Zuschüsse um ein knappes Viertel kürzen. Besonders drastisch ist es allerdings für die Landesbühne Eisleben, denn das soll zukünftig gar kein Geld mehr erhalten. Die Augen des Intendanten André Bücker blitzten. Zornesröte steigt ins Gesicht.

"Dass Eisleben ein Jahr über eine Fusion mit dem Nordharz verhandelt, um dann mitgeteilt zu bekommen, einfach so aus heiterem Himmel, dass es gar kein Geld mehr kriegt, dass ist eine solche Bodenlosigkeit und solche Frechheit. Also das kann man gar nicht mehr in Worte fassen. Und da müssen sich einige Leute wirklich schämen."

Die Große Koalition in Sachsen-Anhalt unter der Regie von CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff plant wegen des ab 2019 wegfallenden Solidarzuschlags, der einbrechenden Steuereinnahmen für die kommenden Jahre einen harten Sparkurs. Neben der Polizei und den Hochschulen soll insbesondere auch die Kultur davon betroffen sein.

Es kursieren Gerüchte, dass der Kulturhaushalt 2014 um 13 Prozent gegenüber dem bisherigen Etat gekürzt werden soll. Entgegen der Empfehlung des vom Landtag eingesetzten Kulturkonvents, der gar eine Erhöhung des Kulturetats von 85 Millionen auf 100 Millionen Euro gefordert hat.

"Ja, das ist ja noch besonders lustig. Wenn’s nicht so tragisch wäre, müsste man sich kaputt lachen. Das ist wirklich albern hoch zehn. Jedes Konventsmitglied müsste sich eigentlich so verarscht vorkommen, sag ich mal. Dagegen müsste man eigentlich protestieren, gegen die Verschwendung der Lebenszeit als Konventsmitglied."

André Bücker, der in Bochum Theaterwissenschaft studiert hat, betont, dass Kulturpolitik auch immer Sozialpolitik sei. Denn wo keine Kultur sei, unterstreicht Bücker, würden sich keine Unternehmen ansiedeln, kämen keine Zuwanderer oder junge Menschen mit Ideen. Ohne Kultur wird sich seiner Meinung nach die Region, aber auch Sachsen-Anhalt völlig abkoppeln, und auf längere Sicht in allen Belangen Schlusslicht sein.