Proporz in der bayerischen Politik

Ein Minister zählt für zwei Staatssekretäre

Die Kabinettsmitglieder der bayerischen Staatsregierung sitzen in München bei der Kabinettssitzung an einem ovalen Tisch.
Kabinettssitzung der bayerischen Staatsregierung am 23.02.2016 in München © picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Von Burkhard Schäfers · 22.03.2016
Um in Bayern Regierungsmitglied zu werden, genügen nicht allein politische Fähigkeiten. Man muss auch aus der richtigen Region kommen. Für den Ausgleich zwischen Altbayern, Franken und Schwaben soll der Regionalproporz sorgen. Doch die Stammeszugehörigkeit ist nicht der einzige wichtige Faktor.
Um Minister zu werden, muss man ein politisches Alphatier sein, etwas vom Fach verstehen und die eigene Politik öffentlich gut darstellen können. Soweit, so gut. Aber in Bayern muss man darüber hinaus zum richtigen Volksstamm gehören, erklärt Michael Weigl, Politikwissenschaftler an der Uni Passau. Denn Bayern ist nicht gleich Bayern.
"Wir haben zum einen die Altbayern, das ist das Gebiet was sozusagen historisches Bayern ist. Dann haben Sie im Westen Schwaben. Und dann haben Sie im Norden Franken, also Ober-, Mittel- und Unterfranken."
Alle Regionen, die ursprünglich von drei Völkern abstammen, müssen in der Politik angemessen vertreten sein. Bayern, Franken, Schwaben – die Rivalitäten wollen ausgeglichen sein. Das heißt dann Regionalproporz.
"Sie können sich jede Regierung in Bayern seit dem Zweiten Weltkrieg anschauen, und Sie werden diesen Regionalproporz immer sehen. Und es gibt auch eine Art Rechenregeln, wie man so etwas mehr oder weniger ausrechnen kann."
Zum bayerischen Kabinett gehören neben den Ministern die Staatssekretäre. Insofern darf man sich die Regierungsbildung durchaus als komplexes Puzzle-Spiel vorstellen.
"Pi mal Daumen zählt ein Minister für zwei Staatssekretäre. Wenn Sie sich das ausrechnen – also ich mach jetzt einfach mal: Wenn Oberbayern einen Minister bekommt, muss irgendein anderer Verband dafür vielleicht zwei Staatsekretäre bekommen."

Landen auf diesem Weg die Besten in politischen Funktionen?

Im derzeitigen Kabinett zeigt sich der Regionalproporz vor allem an Wirtschaftsministerin Ilse Aigner aus Oberbayern und Finanzminister Markus Söder aus Franken. Die beiden bringen darüber hinaus den auch nicht ganz unbedeutenden Konfessions-Proporz ins Gleichgewicht: Aigner ist katholisch, Söder evangelisch. Allerdings gilt die Frage nach der Konfession selbst in Bayern heutzutage nicht mehr als ausschlaggebend.
Wichtiger ist hingegen, dass ausreichend Frauen im Kabinett vertreten sind. Das derzeitige Verhältnis lautet: Fünf Ministerinnen, sieben Minister inklusive Ministerpräsident. Eindeutiger Punktabzug allerdings: Alle Staatssekretäre sind männlich.
Zwar können diese vielen Fragen nach der richtigen Zusammensetzung einem Regierungschef Kopfschmerzen bereiten. Trotzdem, sagt Michael Weigl, sollte er immer versuchen, jede Region mit einem Amt zu beglücken – um sie sich gewogen zu halten.
"Wenn Sie einen Minister haben, ist es natürlich viel schwieriger, die Regierung an sich zu kritisieren, als wenn Sie da keinen Minister drin haben. Dann können Sie ganz anders, offen mit dieser Regierung auch kritisch umgehen. Also Sie werden immer schauen, dass Sie über den Proporz Loyalität und Zustimmung generieren."
Bleibt die Frage, ob auf diesem Weg immer die Besten in politischen Funktionen landen… Altbayern, Franken und Schwaben hätten darauf für ihre jeweiligen Kandidaten natürlich eine eindeutige Antwort.
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