Preisendörfer: "Als unser Deutsch erfunden wurde"

Zeitreise mit dem Sprachschöpfer Martin Luther

Der Schriftsteller Bruno Preisendörfer
Der Schriftsteller Bruno Preisendörfer © Deutschlandradio - Andreas Buron
Bruno Preisendörfer im Gespräch mit Joachim Scholl · 09.06.2016
Impulsiv, drastisch, sprachschöpferisch – Martin-Luthers Bibelübersetzung begeisterte und schockierte seine Zeitgenossen. Der Erfolgsautor Bruno Preisendörfer hat sich mit seinem neuen Buch wieder in die Vergangenheit begeben: dieses Mal in das 16. Jahrhundert.
Zeitreisen sind eine Spezialität des Berliner Schriftstellers Bruno Preisendörfer: Im letzten Jahr begeisterte er Kritik und Publikum mit seiner "Reise in die Goethe-Zeit”, die zum "Spiegel"-Bestseller wurde. Mit seinem neuen Buch begibt er sich ins 16. Jahrhundert: "Als unser Deutsch erfunden wurde. Reise in die Lutherzeit".
Die auf die Neuzeit zuführenden Umbrüche der Luther-Zeit seien für ihn besonders interessant gewesen, erzählte Preisendörfer im Deutschlandradio Kultur und verwies auf die historische Distanz:
"500 Jahre – das ist doch eine ungeheure große, trennende Zeitstrecke. Und alles, von dem, was uns heute selbstverständlich ist, hat es ja damals entweder in anderer Form oder gar nicht gegeben. Erschütternd war für mich die ungeheuer große Gewalttätigkeit in den Lebensverhältnissen. Und zwar von der großen Politik bis zu den Alltagsverhältnissen."

Die Sprache der sächsischen Kanzlei

Es habe damals nicht nur Luthers deutsche Bibel-Übersetzung, sondern ein ganzes Ensemble an Übertragungen gegeben, berichtete Preisendörfer. Warum aber hat gerade Luther so sprachmächtig wie kein anderer gewirkt? Dafür gebe es verschiedene Gründe:
"Erstens die Bedeutung dieser Region. Dann der Rückgriff auf die sogenannte sächsische Kanzlei - auf die Sprache, die eigentlich die Sprache in der Verwaltung und in den Schriftzusammenhängen war. Sie war normgebend und am weitesten verbreitet. Und dann seine eigene, impulsive, ungeheuer drastische, mitunter auch grobe, sehr sprachschöpferische Begabung. Das war natürlich für die damalige Verhältnisse hinreißend oder auch schockierend."

Verkaufserfolg durch Nachdrucke und Teilnachdrucke der Luther-Bibel

Hunderttausende verkaufter Exemplare in wenigen Jahren - Luthers Bibel-Übersetzung sei trotz einer rund 10-prozentigen Alphabetisierungsrate ein ungeheurer literarischer Erfolg gewesen, sagte Preisendörfer:
"Die Bücher wurden halt verteilt, verkauft und vorgelesen. Die haben auch Leute erworben, die selber gar nicht lesen konnten. Und dann gab es Nachdrucke und Teilnachdrucke. Und so hat sich das aufgebaut."

Bruno Preisendörfer: "Als unser Deutsch erfunden wurde – Reise in die Lutherzeit"
Galiani Verlag, Berlin 2016
496 Seiten, 24,99 Euro

Mehr zum Thema