Praller Sound

Jazzkantine legen Best-of-Album vor

Die Mitglieder der Band "Jazzkantine" stehen zusammen in schwarzen Anzügen. Einer kniet in der Mitte und hält einen ausgestopften Fuchs in den Händen.
Die Mitglieder der Band "Jazzkantine": Ihr neues Album, das sie mit der NDR Bigband eingespielt haben, heißt "Ohne Stecker". © picture alliance / dpa / XAMAX
Von Kerstin Poppendieck · 30.09.2014
Mal swingend, mal soulig, mal funky: Jazzkantine aus Braunschweig haben ihre beliebtesten Titel aus 20 Jahren Bandgeschichte "unplugged" neu eingespielt. Eine der führenden Bigbands unterstützt sie dabei mit prallen Sounds.
Hip Hop, Funk, Jazz – die musikalischen Hauptzutaten der Jazzkantine. Als die Braunschweiger das 1994 zum ersten Mal serviert haben, wurde Hip Hop in Deutschland mit Bands wie die Fantastischen Vier oder Fettes Brot gerade salonfähig. Die Kombination Hip Hop und Jazz war allerdings noch recht neu, kam aber gut an, erinnert sich Jazzkantinen Gründungsmitglied Christian Eitner.
"Ein überzeugendes Paket, das den Zeitgeist getroffen hat. Ich glaub, das hat man einmal im Leben, das man so richtig auf den Punkt so ein Ding zum Zünden bringt in einer Zeit als auch Viva und MTV auch in der Lage waren, solche Themen auch zu pushen. Und das hat uns relativ auch mit diesem Sound einzigartig gemacht. Das gab´s zu dem Zeitpunkt noch nicht."

Gleich drei der großen Plattenfirmen in Deutschland wollten die Jazzkantine sofort unter Vertrag nehmen. Für die Band wurde damit ein Traum wahr. Von Hobbymusikern, die sich privat zum Musikmachen trafen, aber alle hauptberuflich andere Jobs hatten, zu Vollzeit-Profimusikern, die Alben veröffentlichen und Konzerte vor hunderttausend Leuten spielen. Ihre Leidenschaft für die Musik wurde belohnt.
"Natürlich ist es so wie immer, oder wie oft im Leben, dass man zurückguckt und denkt: Wahnsinn, 20 Jahre. Ich bin zur Zeit eher mit Stolz gefüllt, dass wir das so lange durchgezogen haben, dass wir uns nach wie vor gut verstehen und vor allem auf der Bühne eine große Spielfreude haben. Dass wir fast ausnahmslos alle aus der Band inzwischen behaupten können, man ist Profimusiker auch geblieben nach so fetten Jahren, wo dann für viele auch die Frage war, ist man vielleicht doch eher der Familytyp oder will man in den Beruf zurück in dem man mal angefangen hat zu studieren."
Als Fan der Band weiß man nie, was einen als Nächstes erwartet. Bleibt alles anders, ein Albumtitel von Herbert Grönemeyer, scheint auch das Bandmotto der Jazzkantine zu sein. Bloß keinen musikalischen Stillstand, bloß nicht zweimal das Gleiche machen. Zu den aktuell sieben bis acht festen Bandmitgliedern kamen und kommen regelmäßig Gastmusiker wie Smudo, Roger Cicero oder Götz Alsmann dazu. Und auch stilistisch haben Jazzkantine im Laufe ihrer Bandgeschichte immer wieder überrascht. Zum Beispiel mit einem Album voller Volkslieder oder einem mit Hardrocksongs – alles natürlich im Jazzkantinen-Sound.
"Nothing else matters" – im Original von Metallica, in der Jazzkantinen-Version mit Xaxier Naidoo, ist auch auf dem neuen Album der Band zu hören. Sie haben's mal wieder geschafft: Sie überraschen. Und das obwohl es ein Best-of-Album ist mit Songs, die vor allem bei den Konzerten der vergangenen 20 Jahre gut ankamen und von den Fans immer wieder gewünscht wurden.
Mit Unterstützung der NDR Bigband unplugged eingespielt
Eine Reise durch 20 Jahre Bandgeschichte, allerdings eine ganz besondere Reise. Denn alle Lieder wurden unplugged eingespielt, unterstützt von der NDR Bigband, einer der führendsten Bigbands überhaupt. 15 Titel in einem neuen Gewand, mal swingend, mal soulig, mal funky. Sowohl für Gitarrist Tom Bennecke als auch für Band-Chef Christian Eitner ist die Wirkung der Bigband für das Album einzigartig.
"Zum einen einfach mal so rein aufnahmetechnisch ein Wahnsinnsstudio in Hamburg, wo man einfach mit einer aufwendigen Technik überhaupt in der Lage ist mit 20 Leuten gleichzeitig Songs einzuspielen einerseits. Andererseits natürlich auch tolle Arrangeure, die unsere Songs in ein neues Gewand bringen. Weil uns war ja klar, wenn wir das jetzt machen, dann müsste man jetzt schon Versionen finden, die jetzt wirklich anders sind. Und das hätten wir ohne die nicht hingekriegt."

Tom Bennecke:"Der Klangkörper Bigband ist ja an sich einfach total eindrucksvoll. Das haut wirklich rein, wenn du sonst gewohnt bist, mit zwei Bläsern zu spielen, und dann kommen da Riffs, die du schon gut kennst, nochmal neu gesetzt und in einander verschachtelt von 16, ich meine so viele Bläser sind dann durch die Big Band dazu gekommen, das ist ein ganz großer Moment, der die Musik nochmal immens aufwertet."
Was ist Jazz? Hat die Jazzkantine vor 20 Jahren auf ihrem Debütalbum gefragt. Eine Antwort scheinen sie auf die Frage aber bis heute nicht gefunden zu haben, oder vielleicht auch gar nicht finden zu wollen. Sie würden sich auch nie als klassische Jazzband bezeichnen. Vielmehr haben sie großen Spaß daran mit Jazz zu spielen, und auch mal Reggae, Soul und natürlich immer wieder Hip Hop unterzumischen. Und obwohl sie sich darüber freuen, dass die aktuelle Hip Hop Szene so lebendig und kreativ in Deutschland ist, sehen sie noch keinen Grund, auch nach 20 Jahren mit dem Musikmachen aufzuhören. Im Gegenteil.

Christian Eitner:"Andererseits beobachte ich ein bisschen mit Skepsis eine in meinen Augen relativ gleichförmig werdende Musiklandschaft. Wahrscheinlich beeinflusst von Casting-Mist und allem anderen globalisierungsbeeinflussten Geschichten, dass ich so denke, es ist eigentlich schön, dass es so Bands wie unsere gibt, die noch so ein bisschen polarisieren und unterschiedliche Stilistiken zusammenbringen."