Prävention

Mit Kupfer gegen Krankenhauskeime

Von einer Türklinke aus Kupfer in der Asklepios Klinik in Hamburg-Wandsbek wird eine Bakterienprobe genommen.
Türklinke aus Kupfer in der Hamburger Asklepios Klinik: Hier konnte bereits vor einigen Jahren die Zahl der Bakterien bei einem Praxistest verringert werden. © picture alliance / dpa / Asklepios Klinik
Von Stefanie Kowalewski · 22.01.2015
Türklinken, Lichtschalter und sogar Toilettenspüler: Die Kinderintensivstation des Allgemeinen Krankenhauses Hagen setzt voll auf Kupfer. Das kostet zwar kurzfristig mehr Geld - verhindert aber die Übertragung von Infektionen.
Auf der sonst eher stillen Kinderintensivstation im Allgemeinen Krankenhaus Hagen, kurz AKH, schrillt das orange Nottelefon.
"Kinderintensivstation Schwester Raphaela, ja. Ok, welche Schwangerschaftswoche?"
Im Überwachungsraum der Frühgeborenenstation erfährt Schwester Raphaela, dass in der Klinik wohl bald ein Frühchen geboren wird. Das Baby wird auf eine Station kommen, die nach den neuesten wissenschaftlichen Hygienestandards arbeitet und ausgestattet ist.
Neben dem so genannten Multibarrieresystem setzt die Klinik zusätzlich auf Kupfer, erklärt Reinhold Berkemeier, Hygienefachkraft des AKH, während er sich bei seinem Besuch auf der liebevoll mit Schmetterlingen und Blümchen bemalten Frühchenstation die Hände desinfiziert:
"Und dieses Multibarrieresystem soll eben die Übertragung von Keimen von Material, Mitarbeiterhänden, Besucherhänden auf - in dem Fall hier aufs Kind - abwehren. Das heißt Händedesinfektion, Schutzkittel, Nase-Mund-Schutz als Beispiel auch. Kupfer ist ein Teil dessen. Es ist ein Step im Bereich der Prävention von Infektionen und der Übertragung von Infektionen."
Hier knallen keine Türen, hier dudelt keine Musik
Zusammen mit Peter Uszkoreit, dem Technischen Leiter im AKH, schaut der Hygieniker regelmäßig auf der Kinderintensivstation vorbei. Für die Frühchen und ihre Eltern ist Ruhe sehr wichtig. Deshalb reden hier alle eher leise, hier knallen keine Türen und hier dudelt keine Musik. Noch viel wichtiger für die meist schwachen Babys ist eine möglichst keimfreie Umgebung, denn ein multiresistenter Keim wie MRSA kann für sie lebensgefährlich sein.
Reinhold Berkemeier und Peter Uszkoreit öffnen die Türe zu einem Patientenzimmer, in dem eine junge Mutter gerade ihre acht Wochen zu früh geborene Tochter liebkost.
Die Kleine ist gerade erst wach geworden und weint.
Zu ihrer Sicherheit ist alles in diesem Zimmer, was oft und von vielen Menschen berührt wird, aus Kupfer, sagt Peter Uszkoreit:
"Wir haben Türklinken, Lichtschalter, Fenstergriffe, Möbelgriffe, sogar WC-Taster aus diesem antimikrobiellen Kupfer herstellen lassen und auch eingebaut."
Denn Kupfer gibt Keimen kaum eine Chance zum Überleben. Berkemeier:
"Wir haben eine Diffusion von Kupfer in diese Erreger hinein, das heißt Erreger werden letztlich abgetötet. Erreger, die auf diese Türklinke gelangen, haben nicht die Chance mehr, sich zu vermehren, sondern sterben nach einer gewissen Zeit ab."
Peter Uszkoreit schwört auf das antibakteriell wirkende Kupfer
Und zwar schneller, als sie das bei jedem anderen Material tun, sagt Peter Uszkoreit, der die Umstellung im AKH auf Kupfer organisiert. Bisher hat er - wie die meisten Kliniken - auf Klinken und Griffe mit Silberionen gesetzt:
"Das Problem dabei ist, das dauert viel länger. Während man bei Kupfer redet von der Zeit von einer Stunde, wo wir bis zu 90 Prozent Reduzierung haben, dauert das bei diesen Silberionen sehr viel länger. Und in dieser langen Zeit fassen natürlich auch viel mehr Leute diese Türklinke zum Beispiel auch an."
Und verteilen gefährliche Bakterien, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft, auf der Station. Deshalb schwört Peter Uszkoreit auf das antibakteriell wirkende Kupfer.
Türklinken und Griffe für Schränke aus Kupfer zu finden, war kaum ein Problem. Doch Lichtschalter, Steckdosen und vor allem Toilettenspülungen aus Kupfer gab es schlichtweg nicht, erzählt Peter Uszkoreit, während er über den hellen Flur der Frühchenstation zu einer Toilette schlendet:
"Ist das ein tolles Teil. Ja, das ist halt der berühmt, berüchtigte Toilettenspüler, der wirklich in absoluter Handarbeit hergestellt wurde, der funktioniert sogar. Alle Leute benutzen ihn, bevor sie sich die Hände gewaschen haben und deswegen ist es für uns sehr wichtig gewesen, dass wir das Teil aus Kupfer bekommen."
Die Maßanfertigungen sind teuer, aber lohnenswert
Das meiste haben regionale Metallverarbeiter speziell für das Krankenhaus hergestellt. Uszkoreit:
"Fast gescheitert sind wir an den Patientenbetten. Also die Bettenhersteller, die haben schlichtweg gesagt, sie wollen das nicht, die machen das nicht. Und auch da haben wir dann die Schlosserfirma gefunden, die uns wenigstens diese Bettbügel, wo jeder anfasst, die haben uns die gebogen. Und jetzt haben wir die ersten 60 neu gelieferten Betten damit austauschen können."
Billig sind solche Maßanfertigungen natürlich nicht, aber lohnenswert schon. Bestenfalls können sie Todesfälle verhindern, betont der überzeugte Kupferfan:
"Ich sag mal die Preise gehen von 20 Prozent Mehrkosten, das kommt natürlich auf die Stückzahlen an, bis 100 Prozent Mehrkosten. Das ist dann eigentlich teuer. Wenn man dann aber bedenkt, dass ein Infektionsfall alleine schon mal eine Viertel Million Euro kosten kann, da hat man dann das Geld innerhalb von einem verhinderten Infektionsfall für eine Station bei weitem raus."
Eine Haltung, die bei den Eltern gut ankommt, weiß Schwester Raphaela, die gerade nach einem Frühchen im Zimmer nebenan schaut:
"Das bringt natürlich auch Sicherheit, wenn wir das so erklären können, warum wir das so hier angebracht haben. Gerade bei den extrem Frühgeborenen ist das so, dass es eine Sicherheit bringt bei den Eltern, dass es hier vorhanden ist."
"Da ist man natürlich dankbar"
Stimmt, sagt der junge Vater, der gerade mit seinem Sohn Louis schmust. Der winzige Säugling schläft ruhig auf seiner Brust:
"Ja, normalerweise hört man ja aus dem Gesundheitssektor eher andere Dinge, dass eingespart wird und so. Insofern ist das natürlich ne tolle Sache, dass man alles tut, was möglich ist. Auch wenn es vielleicht ein paar Euro mehr kostet. Da ist man natürlich dankbar."
Zärtlich streicht er Louis, der acht Wochen zu früh geborenen wurde, über das Köpfchen. Dem Kleinen geht es gut:
"Er macht das alles top. Insofern sind wir guter Hoffnung, dass er irgendwann im Dezember mit nach Hause kann."
"Alles Gute dann."
"Danke."
"Tschüss."