Positionspapier der Kulturstaatsministerin

Grütters im Dickicht des Urheberrechts

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in ihrem Büro im Kanzleramt in Berlin
Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in ihrem Büro im Kanzleramt in Berlin © picture alliance / dpa
Von Stephan Detjen · 10.03.2015
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat für die anstehende Novellierung des Urheberrechts einen nachhaltigen Schutz des geistigen Eigentums gefordert. Künstler und Kreative müssten von ihrer Arbeit leben können, sagte sie. Was ist von ihren Vorschlägen zu halten?
Monika Grütters hat sich bisher vor allem als Ministerin für die schönen Künste einen Namen gemacht. Bei den Haushaltsverhandlungen hat sie Millionen für ein neues Kunstmuseum in Berlin und die Spurensuche nach Raubkunst aus der NS Zeit eingeworben. Mit ihrem Positionspapier zum Urheberrecht im Digitalen Zeitalter wagt sich die Kulturstaatsministerin nun in ein rechtlich schwer überschaubares Dickicht vor – in dem auch noch jede Menge politischer Tretminen lagern.
"Wir müssen dafür sorgen, dass man auch im Zeitalter des Internets von geistiger Arbeit leben kann."
So lautet der Leitsatz, den Grütters kürzlich auch bei einer Podiumsveranstaltung in Berlin an den Anfang ihrer Überlegungen stellte. Bis dahin ist ihr auch die Zustimmung von allen Seiten sicher. Mit dem knapp neunseitigen Positionspapier aber, in dem sie jetzt eine ganze Reihe von Vorschlägen und Forderungen konkretisiert, wird die Kulturstaatsministerin auch Widerspruch auf sich ziehen – sowohl aus der eigenen Koalition, als auch aus Brüssel.
Selbstverpflichtungen der Wirtschaft gegen illegale Downloads
Zwei Beispiele: Grütters will die Wirtschaft dazu drängen, durch Selbstverpflichtungen gegen Internetplattformen vorzugehen, die zum Beispiel Möglichkeiten zum illegalen Download von Musik- und Videodateien bieten. Durch freiwillige Vereinbarungen, auf solchen Websites keine Werbung zu schalten, könnten die Anbieter "ausgetrocknet" werden, meint Grütters:
"Der Betrieb illegaler Seiten floriert ja nur deshalb, weil sich mit minimalstem Aufwand über Werbeeinblendungen hohe Gewinne erzielen lassen. Ich begrüße nachdrücklich die Initiative zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Werbewirtschaft und bedauere sehr, bedauere wirklich sehr, dass dies bislang an Einwänden des Bundeskartellamtes gescheitert ist."
Das Bundeskartellamt hat bisherige Initiativen für solche Selbstverpflichtungen der Wirtschaft stets als unzulässige Kartellverabredungen zurückgewiesen. Grütters fordert jetzt in ihrem Papier, die kartellrechtlichen Hindernisse zu beseitigen. Der Appell richtet sich – ohne ihn beim Namen zu nennen - an niemand geringeren als Vizekanzler Sigmar Gabriel, der als Bundeswirtschaftsminister für das Kartellrecht zuständig ist. Hinter den Kulissen lässt Grütters erkennen, dass da auch koalitionsintern noch einiges zu klären ist.
Konfrontationskurs gegen EU Kommission und Europäisches Parlament
Mit anderen Forderungen geht Grütters auf Konfrontationskurs gegen EU Kommission und Europäisches Parlament. Beispiel Filmrechte: Filmproduzenten vermarkten die Rechte für ihre Filme bisher auch innerhalb Europas getrennt in jedem einzelnen Land. Das multipliziert die Einnahmemöglichkeiten. Am Rande des Berliner Filmfestivals Berlinale aber sorgte der neue EU Digital-Kommissar Günter Oettinger für Aufruhr, als er Sympathien für Vorstöße aus dem Europäischen Parlament zeigte, eine einheitliche europäische Filmlizenz zu schaffen. Die Kulturstaatsministerin kündigt Widerstand an:
"Wenn man das ändern würde, würden hier nur größere, internationale Anbieter, oder vor allen Dingen größere internationale Anbieter profitieren, die von einem Mitgliedstaat aus Dienste für Nutzer auch in anderen Mitgliedstaaten anbieten. Aber, meine Damen und Herren, solchen Marktbereinigungen unter dem Deckmantel der Harmonisierung des Urheberrechts, trete ich zumindest entschieden entgegen."
"Zumindest" sie trete dem entgegen, erklärt Grütters vielsagend. Denn nicht nur die Haltung der EU Kommission ist in dieser - wie in vielen anderen Fragen - offen.
Auch der für das Urheberrecht zuständige Bundesjustizminister Heiko Maas hat bisher wenig Neigung gezeigt, eine Bresche durch das Geflecht von widerstreitenden Interessen und Gesetzgebungskompetenzen auf nationaler und europäischer Ebene zu schlagen. Das Bundesjustizministerium habe die Herausforderungen der digitalen Welt in der letzten Legislaturperiode "leider nicht aufgegriffen", schreibt Grütters in ihrem Positionspapier. Das sei jetzt "überfällig".