Porträt

Unternehmer mit Herz

Der Gründer der Betonpumpen-Firma Putzmeister, Karl Schlecht, und der Chairman der SANY Group, Wengen Liang – April 2012 in Aichtal.
Der Gründer der Betonpumpen-Firma Putzmeister, Karl Schlecht, und der Chairman der SANY Group, Wengen Liang – April 2012 in Aichtal. © picture alliance / dpa
Von Uschi Götz · 15.07.2014
Ganz Deutschland war entsetzt, als Karl Schlecht vor zwei Jahren sein Unternehmen Putzmeister an den chinesischen Investor Sany verkaufte. Ausgerechnet ein traditionsbewusster, schwäbischer Firmengründer! Doch der Mann hatte Gründe.
Karl Schlecht, der frühere Chef fällt nicht auf: ein schlanker, mittelgroßer Mann mit schnörkellose Brille. Er bittet in den Aufzug. Es geht zwei Etagen höher in das Büro der Karl-Schlecht-Stiftung.
Karl Schlecht ist immer noch da, obwohl sein Unternehmen seit 2012 in chinesischer Hand ist. Heute lenkt der Firmengründer die Geschicke seiner Stiftung. In seinem Büro bittet er an einen Besprechungstisch. Er ist 82 Jahre alt und reich.
"Ich bin mit großen Vergnügen hier. Das ist mir viel lieber als mit einer Yacht in der Ägäis rumzufahren oder irgendein Luxusschloss irgendwo sonst, das wäre fürchterlich langweilig."
Die Bürotür ist offen, von draußen sind Mitarbeiter zu hören. Angehörige korrigiert Karl Schlecht. Es gibt keine Mitarbeiter, es sind 'Firmenangehörige'.
"Das ist viel wärmer auch für die Menschen, wenn sie da angehören. Die identifizieren sich auch, wenn sie gute Leute sind, mit ihrem Unternehmen. Nicht nur engagieren, das ist ein Unterschied."
Vier-Frage-Probe für künftige Entscheidungen
Der Unternehmer schuf sich mit der Konstruktion und dem Bau von Verputzmaschinen ein eigenes Reich. Aufgewachsen ist er in einem pietistisch geprägten Elternhaus. 1983 kam er zu den Rotariern, ein Club bestehend aus meist wohlhabenden, einflussreichen Menschen. Dort wurde er mit der Vier-Fragen-Probe konfrontiert, die künftig seine Entscheidungen bestimmen sollten:
Ist es wahr?
Ist es fair für alle Beteiligten?
Wird es Freundschaft und guten Willen fördern?
Und wird es dem Wohl aller Beteiligten dienen?
"Damit Sie das nicht vergessen, habe ich das auf ihr iPhone zum hinten darauf Kleben."
Er meint es ernst und klebt die Vier-Fragen-Probe auf das Telefon.
"Wenn Sie ein Unternehmen haben, das sehr komplex ist, dann sind viele Dinge da, die sie einbringen müssen in diese Strategie."
Vier-Fragen-Probe hin und Strategie her: Geht es nicht um Gewinn? Hat nicht der Nobelpreisträger und Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedmann recht, wenn er sagt: 'Die einzige gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist, ihre Gewinne zu steigern?'
"Das ist ein absoluter Quatsch, was der erzählt, der versteht nichts vom Geschäft! Gewinn ist das Resultat richtiger Entscheidungen. Firmen, die gut verdienen, siehe Porsche, die sind auch sozial, die können sozial sein, auch großzügig sein in der Beziehung, denn das wird ja erarbeitet von den Menschen, kann man wieder etwas zurückgeben."
Unternehmen als Menschenbauer
Jedes Unternehmen sei ein Menschenbauer: "Wir kriegen rohe Ware herein, Menschen von der Schule oder woher auch immer, und die kriegen Fachwissen, aber sollen sich auch persönlich entwickeln. Im Miteinander und Wertebewusstsein, dann sind das nachher andere Menschen."
Karl Schlecht hielt seine Leute mit einer gelben Karte zusammen. Ein Wertekatalog in Kleinformat. Überschrift "Dienen – Bessern - Werte schaffen".
"Das ist die Karte, die Eintrittskarte hier, und Kantinenkarte, wo man zahlt, da ist auch der Wertekatalog hintendrauf. Damit jeder es hat und nicht sagen kann: Ich weiß es nicht!"
Als Karl Schlecht sein Unternehmen vor zwei Jahren zum Entsetzen vieler Firmenangehöriger an den chinesischen Investor Sany verkaufte, wusste der Schwabe schon: Die Chinesen haben nicht nur seine Maschinen kopiert, sie haben auch den Wertekompass abgekupfert. Das imponierte Karl Schlecht, auch dass sich die Chinesen der Vier-Fragen-Probe stellten:
"Die erste Verhandlung lief ohne mich, bei der zweiten war ich dann dabei. Dann sagte ich also, Leute, mein Herr, ich verhandele mit Ihnen nur auf Basis der vier Fragen. Was ist das?"
'Bis heute haben die chinesischen Verhandlungsführer alle Versprechen gehalten', sagt Karl Schlecht. Und die Stiftung hat aus dem Verkauf viele Millionen Euro bekommen. Geld das in viele Forschungsvorhaben, Lehrstühle und Projekte fließt.