Pop-Ikone Cher wird 70

"Als ich 40 war, sah ich aus wie 20"

Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Für den Herbst plant Cher ihr erstes Broadway-Musical. © picture alliance / dpa / Bodo Schackow
Von Marcel Anders · 20.05.2016
Mit Songs wie "I Got You Babe", luftigen Outfits und jungen Liebhabern wurde Cher zur Pop-Ikone. Ihren 70. Geburtstag würde die Diva mit dem Schönheitswahn am liebsten unter den Tisch fallen lassen.
"Ich habe gute Gene. Und zwar von meiner Mutter, die indianisches Blut hat, und meiner armenischen Familie. Da haben alle Frauen ewig gelebt. Und doch ist das älter werden schrecklich – es gefällt mir kein bisschen. Das war mir schon mit 40 klar."

Grüner Smoothie, Yoga und Workout

Ihren 70. Geburtstag würde Cher am liebsten unter den Tisch fallen lassen. Einfach, weil er sie mit ungeliebten Tatsachen konfrontiert. Und weil sie zugeben muss, dass ihr Körper, in den sie Millionen investiert hat, doch langsam abbaut. So sitzt sie in ihrem mondänen Wohnzimmer mit Blick auf den Pazifik, lässt sich von ihrem Koch einen grünen Smoothie mixen und muss anschließend zum Yoga und Workout – alles, um mit einer Welt mitzuhalten, die ihr zu laut und zu schnell ist. Und in der sie sich beobachtet und verfolgt fühlt.
"Es ist schwer, sich frei zu bewegen, wenn jeder ein iPhone hat. Denn wo du auch bist, sofort werden diese schrecklichen Fotos von dir gemacht, die auf Twitter oder Facebook landen. Von daher muss ich darauf achten, was ich tue. Es ist nicht mehr wie früher, als man einfach in einen Club gehen, eine Runde tanzen und dann wieder nach Hause konnte."
Was für das Privatleben der Pop-Ikone gilt, setzt sich auch beruflich fort: Die Film-Anfragen werden weniger, der Plattenvertrag ist ausgelaufen und eine Tour oder ein Vegas-Engagement sind ihr zu anstrengend. Was eine schlimme Erkenntnis für jemanden sein muss, der seit 1965 über 100 Millionen Alben verkauft hat, in Hollywood-Blockbustern mitspielte, und als Lifestyle- und Modeikone gilt.
"Das Showgeschäft frisst seine eigenen Kinder. Und man muss tough sein, um sich darin zu behaupten. Denn ist man erst mal ganz oben, gibt es keinen anderen Weg als steil nach unten. Nur wenige bleiben immer oben auf. Was leider nicht für meine Karriere gilt. Die verläuft eher nach dem Motto: Hoch, hoch, tief, tief. Und das macht längst nicht so viel Spaß wie Robert Redford zu sein."
Trotz eines Vermögens von 600 Millionen Dollar: Cher hat schwere Zeiten erlebt. Ihr erster Mann Sonny Bono betrog sie nach Strich und Faden, ihre Ehe mit Gregg Allman hielt nur wenige Tage und die Klatschpresse spekulierte über Schönheitsoperationen, Tätowierungen, luftige Outfits und junge Liebhaber. Darunter Rockmusiker wie Gene Simmons und Richie Sambora, aber auch Filmstars wie Tom Cruise und Val Kilmer – die ihr keineswegs peinlich sind.
"Als ich 40 war, sah ich aus wie 20 – und war mit einem 22-Jährigen zusammen. Was auch daran lag, dass mich ältere nicht mochten. Sie haben mich nie angesprochen und ausgeführt. Ich wäre jahrelang allein gewesen, hätte es keine jüngeren Männer gegeben, die von Frauen wie mir aufgezogen wurden. Und die insofern auch keine Angst von mir hatten."

Entsetzt über den Zuspruch für Trump

Bekenntnisse, mit denen Cher aneckt. Und das ganz bewusst. Schließlich hat sie ein Identifikationsproblem mit dem modernen Amerika und seinem klaffenden Widerspruch zwischen arm und reich, seiner Spaltung zwischen konservativ und liberal und zwischen Traditionalismus und Technik-Wahn. So ist sie entsetzt über den Zuspruch für Donald Trump, die Arroganz der Republikaner und tweetet sich regelmäßig den Frust von der Seele.
"Die USA sind ein Trümmerhaufen. Ginge es nach mir, würde ich jedes Mitglied der Tea Party rausschmeißen, das Trump unterstützt. Dann würde ich ein Gesetz erlassen, dass es Kongress-Abgeordneten unmöglich macht, alles zu boykottieren und dieses Land den Bach runtergehen zu lassen, nur weil sie Obama nicht mögen. Ich habe elf Präsidenten mitgemacht – aber so etwas gab es noch nie. Das wird sich erst ändern, wenn Hillary das Ruder übernimmt. Und ich würde mich eher von einem Wolkenkratzer stürzen als republikanisch wählen."
Starke Worte von einer Frau, die sagt, was sie denkt. Die karrieretechnisch deutlich kürzer tritt, aber noch längst nicht in Rente ist. Für den Herbst plant sie ihr erstes Broadway-Musical, das ihre Lebensgeschichte erzählen soll. Und sie kämpft um eine Ruhestätte auf dem legendären Friedhof Père Lachaise. Ein bürokratischer Albtraum:
"Ich würde gerne neben Oscar Wilde beerdigt. Leider machen es mir die Behörden nicht leicht. Sie sagen, man müsse in Paris sterben oder französischer Staatsbürger sein. Sollte ich ernsthaft krank werden, muss ich da also ganz schnell hin."