Polizeigewalt in den USA

Würgegriff mit schlimmen Folgen

Demonstranten schreien in New York Polizisten an, die ihnen den Weg versperren.
Der Fall Eric Garner sorgte in New York für heftige Proteste. © picture alliance / dpa / Michael Nagle
Von Marcus Pindur · 04.12.2014
Erneut muss sich ein Polizist nicht für die Tötung eines schwarzen Amerikaners verantworten. Das entschied ein New Yorker Geschworenengericht. Der Mann hatte einen 43-Jährigen in den Würgegriff genommen, bis er erstickte. Nun drohen neue Unruhen. Präsident Obama spricht von einem "amerikanischen Problem".
Nur kurze Zeit nach der Entscheidung der Grand Jury versammelten sich mehrere tausend Demonstranten am Times Square in Manhattan. Der Vorfall ist auf einem Handyvideo festgehalten. Der 43-jährige Eric Garner wurde von der Polizei angesprochen, weil er einzelne, unversteuerte Zigaretten, sogenannte "Loosies", verkauft haben sollte. Als er sich keine Handschellen anlegen lassen wollte, nahm ihn ein Polizeibeamter in den Würgegriff. Dieser Würgegriff widerspricht den Dienstvorschriften der New Yorker Polizei, weil schon des Öfteren dabei Menschen ums Leben gekommen sind.
Mehrere Beamte lagen oder knieten auf Garner
Der unter Übergewicht und Asthma leidende Eric Garner rief mehrfach, dass er keine Luft mehr bekomme. Dies ist auf dem Video zu hören. Mehrere Polizeibeamte knieten oder lagen auf ihm. Er verlor an Ort und Stelle das Bewusstsein, im Krankenhaus wurde der Vater von sechs Kindern für tot erklärt.
Anwohner in Staten Island, dem Ort des Geschehens im Juli dieses Jahres, zeigten sich empört über die Entscheidung der Grand Jury.
"Das ist lachhaft, das ist so unfair. Jeder mit Augen im Kopf kann doch sehen, was passiert ist? Was zum Teufel ist nur in die gefahren?",
meint diese Passantin in Staten Island.
Die Geschworenen der Grand Jury hatten seit September beraten. Sie kamen zu dem Schluss, dass es keinen begründeten Anlass für die Erhebung einer Anklage gibt, teilte die New Yorker Staatsanwaltschaft mit.
Obama: "Dies ist ein amerikanisches Problem"
Präsident Obama erklärte, dass das Justizministerium auch in diesem Fall, genau wie in Ferguson, wegen einer möglichen Verletzung der Bürgerrechte ermitteln werde.
"Wir werden nicht ruhen, bis das Vertrauen zwischen unserer Bevölkerung und Polizei und Justiz wieder hergestellt ist. Im Moment sind wir Zeugen zu vieler Vorfälle, die bei den Menschen nicht das Vertrauen stärken, fair behandelt zu werden."
In einigen Fällen sei dies eine falsche Wahrnehmung, in anderen sei es eine Realität, so Obama.
"Es ist obliegt uns allen, anzuerkennen, dass dies ein amerikanisches Problem ist. Kein schwarzes oder weißes Problem, sondern ein amerikanisches Problem. Wenn auch nur ein Bürger nicht vor dem Gesetz gleich behandelt wird, dann ist dies ein Problem."
Justizminister Holder kündigt Untersuchung an
Justizminister Eric Holder trat noch am gestrigen Abend vor die Öffentlichkeit. Das Justizministerium werde eine gründliche Untersuchung der Grand-Jury-Entscheidung durchführen. Holder stellte den Fall, ebenso wie Präsident Obama, in einen weiteren Kontext.
"Der Tod Eric Garners ist einer von mehreren Vorfällen in letzter Zeit, die das Vertrauen der Gemeinden in die Polizeibehörden, die diesen Gemeinden dienen sollen, auf die Probe gestellt haben. Das ist nicht nur ein Problem New Yorks oder Fergusons."
Obama und Holder hatten bereits vorgestern angekündigt, die Regierung in Washington werde den örtlichen Polizeibehörden das Geld für 50.000 digitale Körperkameras zur Verfügung stellen. Polizisten sollen diese dann im Einsatz tragen – eine Forderung, die Bürgerrechtler seit langem stellen. Alle 35.000 New Yorker Polizisten sollen neu geschult werden. Die Debatte um die Diskriminierung schwarzer Bürger im amerikanischen Justizsystem wird damit allerdings noch lange nicht abgeschlossen sein.
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