Merle Kröger: Havarie
Argument Verlag, Hamburg 2015, 256 Seiten, 15 Euro, erscheint am 4. Mai.
Im Burggraben der Festung Europa
Merle Kröger im Gespräch mit Joachim Scholl · 22.04.2015
Vier Flüchtlingsdramen bilden den Ausgangspunkt für Merle Krögers neuen Kriminalroman "Havarie". Er handelt von politischen und wirtschaftlichen Interessen im Mittelmeerraum - und wie das Meer sich der Grenzziehung widersetzt, sagt die Autorin.
Vier Schiffe auf dem Mittelmeer und die Menschen, die auf diesen Schiffen unterwegs sind, bilden den Stoff für "Havarie", den neuen Kriminalroman von Merle Kröger: ein Flüchtlingsboot, ein Frachter, ein Boot der Küstenwache und das Kreuzfahrtschiff "Spirit of Europe". Und wie schon in ihrem preisgekrönten Krimi "Grenzfall" geht es wieder darum, wie Politik sich im Leben der Menschen widerspiegelt.
Auf dem Meer sind alle gleich - erst mal
Der Schlüsselmoment für das Buch seien Videoaufnahmen von der Begegnung eines Kreuzfahrtschiffs mit einem Flüchtlingsboot gewesen. Dies habe sie zu der Frage geführt, wer eigentlich alles auf diesem Mittelmeer unterwegs sei, sagt Merle Kröger. Und sie habe sich die Frage gestellt: "Wie kann man daraus Biografien ableiten, die die Leute in dem Schlauchboot und die Leute auf dem Kreuzfahrtschiff und die Leute, die auf den Frachtern fahren und die Leute, die auf den Seenotrettungskreuzern fahren, auf eine Augenhöhe bringen?"
Besonders berührt bei ihrer Recherche habe sie die Erfahrung, wie das Meer sich dem widersetze, was wir die ganze Zeit versuchten, "nämlich Grenzen zu setzen und uns abzuschotten, den Leuten die Einreise zu verweigern", so die Autorin. Auf dem Meer sei keine Grenze zu sehen. Dort sei jeder zunächst gleich. "In dem Moment aber, wo halt gesagt wird, du darfst diese Küste nicht erreichen oder du darfst eigentlich gar nicht erst losfahren und du darfst aber hier Urlaub machen, dann entsteht eine Hierarchisierung."