Placido Domingo wird 75

Ein universeller Sänger der Weltklasse

Der spanische Opernsänger Placido Domingo steht nach einem Konzert am 14.1.2016 in Moskau mit Blumen im Arm auf der Bühne.
Placido Domingo will sich auch mit 75 Jahren nicht zur Ruhe setzen. © picture-alliance / dpa / Evgeny Biyatov / Sputnik
Von Uwe Friedrich · 21.01.2016
Sein Repertoire reicht von den Klassikern bis zur zeitgenössischen Oper. Placido Domingo ist vielleicht der einflussreichste Tenor des 20. Jahrhunderts. Noch immer lernt er neue Rollen und denkt längst nicht ans Aufhören. Vor 75 Jahren wurde er in Madrid geboren.
"I was born, luckily, very much in the theatre with my parents singing."
Er sei quasi in dem Operettentheater geboren worden, in dem seine Eltern auftraten, erzählte Placido Domingo 1998 in einem Interview anlässlich eines seiner Jubiläen. Das war zum 30. Jahrestag seines Debüts an der New Yorker Metropolitan Opera gefeiert. Inzwischen auch schon wieder 18 Jahre her. Das immer noch riesige Arbeitspensum des je nach Zählung heute mindestens 75-jährigen Tenors wurde offenbar schon in früher Kindheit geprägt.
"Täglich gab es zwei Operettenaufführung, sonntags drei. Und nach den Aufführungen noch Proben für die nächste Premiere. Dann war ich zweieinhalb Jahre lang in Israel. Nach einer solchen Erfahrung ist man entweder wirklich ein Tenor oder die Stimme ist vollkommen zerstört. Ich wurde dort zum Tenor durch 280 Aufführungen in zweieinhalb Jahren. Das ist gar nicht schlecht."
Von Mexiko über Israel auf die Bühnen der Welt
1949 zogen Placido Domingos Eltern mit ihm nach Mexiko, wo er seine Jugend verbrachte und 1959 in der Nebenrolle des Borsa in Giuseppe Verdis "Rigoletto" debütierte. Zwei Jahre später sang er bereits den Alfredo in Verdis "Traviata", dann war er zweieinhalb Jahre lang Ensemblemitglied in Tel Aviv, bevor seine internationale Karriere Fahrt aufnahm. Mehr als 130 Rollen hat er gesungen, und es kommen immer noch neue hinzu, in den letzten Jahren jedoch als Bariton. Immer wieder wurde angeregt diskutiert, ob Placido Domingo überhaupt ein echter Tenor sei, die Höhe sei schließlich auch zu seinen besten Zeiten sehr tagesformabhängig gewesen:
"Ich war nie einer dieser Naturtenöre. Ich musste immer um die Töne kämpfen, die einige Tenöre einfach in die Wiege gelegt bekamen. Vielleicht liegt es daran, dass ich nie dachte, jetzt bin ich angekommen. Ich suche noch immer. Deshalb habe ich mich über jeden Erfolg gefreut und gedacht: Wieder einen Schritt geschafft."
Cavaradossi liegt vor Otello
Italienische und französische Opern bilden den Schwerpunkt in Domingos Repertoire, aber auch den Hermann in Peter Tschaikowskis "Pique Dame" hat er gesungen, Lohengrin, Siegmund, Parsifal und sogar den Tristan von Richard Wagner, unbekannte Opern studierte er ein, wie "Il Guarany" von Antonio Carlos Gomez oder "Cyrano de Bergerac" von Franco Alfano, auch an Uraufführungen wirkte er mit von Werken Gian Carlo Menottis, Federico Moreno Torrobas oder Tan Duns. Dabei führte er stets genau Buch:
"Mario Cavaradossi and Otello, they are quite close!"
1998 hatte er also den Cavaradossi 225-mal gesungen, dicht gefolgt von Otello mit 210 Aufführungen. Die größte Auszeichnung für einen Opernsänger ist es aber wohl, wenn sein Name geradezu sprichwörtlich wird. Insofern hat der spanische Sänger den Höhepunkt seines Ruhms wahrscheinlich erreicht, als in der amerikanischen Sesamstraße ein großspuriger Opernsängervogel Blaffido Flamingo genannt wurde, mit dem der echte Domingo sogar im Duett auftrat.
Placido Domingo war Generaldirektor der Opernhäuser in Los Angeles und Washington und hat dort immer wieder versucht, den Publikumsgeschmack behutsam in Richtung Moderne zu drängen, was im tendenziell erzkonservativen Amerika für heftige Kontroversen sorgte. Im Jahr 1993 gründete er den Gesangswettbewerb Operalia, aus dem viele erfolgreiche Sängerinnen und Sänger hervorgingen.
Glückwünsche von Rolando Villazon
Auch der Tenor Rolando Villazon gehört zu den von Domingo geförderten Sängern. Beide traten häufig gemeinsam auf, der Ältere als Dirigent. Der jüngere nun genau jenes Repertoire singend, mit dem schon Domingo berühmt wurde:
"Er gibt viel und er mag alles, was macht, und er ist jemand, der eine unglaubliche Energie hat. Auf der Bühne, jenseits der Bühne. Ich glaube, jeder mag den großen Domingo, weil er so ein großer Künstler aber auch ein wunderbarer Mensch ist. Jemand, der sich um andere kümmert. Er liebt andere Sänger, er liebt die Oper, er liebt, was auf der Bühne passiert, was in unserer Kunst passiert. Und er macht weiter und gibt weiter."
Und Placido Domingo setzt auch jetzt noch nicht zur Ruhe. Sein Kalender weist für die nächsten Wochen und Monate Konzerte in Miami, Montevideo und Budapest auf, Opernauftritte in Mailand, New York, Wien und Berlin. In Sachen Arbeitspensum orientiert er sich also noch immer an seinen Eltern und so kann er die Glückwünsche seines Kollegen Rolando Villazon sicher gut gebrauchen.
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