"Pietà"

Gesehen von Anke Leweke · 07.11.2012
Ein gnadenloser Geldeintreiber begegnet seiner Mutter in Seoul, die ihn als Kind allein ließ. Durch die Annäherung an sie wird er sich bewusst, was er anderen Menschen antut. Das zwingt ihn, sich seiner Schuld zu stellen.
Er gilt als einer der radikalsten Regisseure des internationalen Autorenfilms. Die Filme des Koreaners Kim Ki-duk blicken hinter die hypermoderne Fassade seines Landes und zeigen ein zutiefst verletzte, zerrissene Gesellschaft, deren Frustration sich jeden Augenblick in einem Gewaltexzess entladen kann.

Schuld, Vergebung, Rache in einer sich im Turbokapitalismus überschlagenden Gesellschaft sind das Thema seines neuen Films "Pietà".

Erzählt wird von einem gnadenlosen Geldeintreiber, der in einem alten Handwerkerviertel in Seoul, das bald Hochhäusern weichen soll, sein Unwesen treibt: Er verstümmelt Menschen, um die Versicherungssumme zu kassieren. Doch eines Tages steht vor der Tür seiner spärlich eingerichteten Wohnung eine Frau, die sich als seine Mutter ausgibt. Die um Vergebung bittet, weil sie ihn als Kind allein gelassen hat.

Nun möchte sie für ihn einkaufen, kochen, einfach da sein. Zunächst verwehrt der Einzelgänger ihr den Zutritt zu seinem Leben. Je mehr er sich jedoch ihrer Zuneigung öffnet, umso bewusster wird er sich der Dinge, die er anderen Menschen antut. Er stellt sich seiner Schuld.

Gleichzeitig geht von der Frau etwas seltsam Entrücktes aus, wie einstudiert, ferngesteuert übernimmt sie die mütterlichen Aufgaben. Warum sucht sie immer wieder die verlassene Werkstatt auf, sitzt dort mit abwesendem Blick und summt eine traurige Melodie?

Kim Ki-duk gelingt es, das christliche Motiv der trauernden Maria mit den Extremen der koreanischen Wirklichkeit zu füllen und in einen gleichermaßen spannenden wie brutalen Genrefilm zu verwandeln.

Südkorea 2012; Regie: Kim Ki-duk; Darsteller: Lee Jung-jin, Jo Min-su, Kang Eun-jin; 104 Minuten; ab 16 Jahren

Offizielle Filmhomepage: Pietà


Links bei dradio.de:
Pleiten, Pech und Pannen
Eine Bilanz der Filmfestspiele in Venedig
Viele Geschichten von Liebe, Leidenschaft, Tod und Verlust
Bei strömendem Regen eröffnete das Filmfestival von San Sebastian
Mehr zum Thema