Pianist Marian Lux

Eine Symphonie für die Havel

Marian Lux bei einem Auftritt mit Gayle Tufts
Marian Lux bei einem Auftritt mit Gayle Tufts © dpa / picture alliance
Von Kerstin Poppendieck · 15.01.2015
Klassischer Pianist werden? Das war ihm zu langweilig. Darum komponiert Marian Lux lieber Filmmusik und begleitet die Entertainerin Gayle Tufts am Klavier. Jetzt will der 32-Jährige die Havel zum Klingen bringen - wie einst Smetana die Moldau.
"Ich bin Marian Lux. Ich bin 32 Jahre alt, Filmkomponist und Pianist und lebe und arbeite in Berlin. Mir hatte meine Oma ein Klavier mitgebracht, als ich noch ganz klein war. So drei, vier Jahre alt. Ein Spielzeugklavier mit einer Oktave. Und auf dem habe ich dann ganz viel gespielt. Und immer wenn mein Vater Platten aufgelegt hat, habe ich mir die Melodien gemerkt und sie danach auf dem Klavier nachgespielt. Da waren wohl meine Eltern etwas irritiert und dachten, wie kann das sein, wie kann der das? Vielleicht sollten wir ihn mal in die Musikschule schicken. Und so kam´s."
Nach dem Besuch der Musikschule im brandenburgischen Bad Freienwalde, dem Carl Phillip Emanuel Bach Musikgymnasium und der Hans Eisler Musikhochschule in Berlin stand Marian Lux vor der Frage, wohin mit seinem Leben. Klassischer Pianist wollte er nicht werden, das war ihm schnell klar. Seine Leidenschaft war die Filmmusik. Und so wurde er Komponist.
"Komponieren ist ein einsamer Beruf"
"Das Besondere daran ist, was man mit Filmmusik machen kann. Man kann sich vorstellen, man hat ein Bild, sagen wir mal, du hast einfach einen Baum. Ein schöner Sommertag, und du hast einen Baum. Da kannst du ganz verschiedene Musiken drunter packen und je nach Musik verändert sich dieses Bild komplett.
Wenn du eine wunderschöne leichte Musik drunter hast, sagst du: Ach, das ist aber schön. Es ist ein schöner Sommertag. Ist das aber ein schöner Baum. Leg aber mal irgendeine Gruselmusik drunter, irgendwas Atonales, dann wirst du denken, oh mein Gott, hinter diesem Baum steht der Highway-Hitcher. Und wenn du ein Xylophon und ein bisschen Pizzicato dazu hast, denkst du, ok, Snoopy kommt gleich ins Bild.
Allein durch die Musik verändert es ein Bild komplett. Das ist vor allem im Kino gigantisch, was man da machen kann, und wie man die Zuschauer irritieren kann. Das macht Spaß.
Ich glaube, ich könnte nicht nur komponieren, Komponieren ist ja doch ein sehr einsamer Beruf. Du siehst es hier. Wir sitzen hier in meinem Studio. Das ist ein kleines Zimmer, vier weiße Wände und ein Computer. Dann kommt ab und zu mal ein Redakteur dazu oder ein Produzent oder der Regisseur, aber ansonsten besteht die Hauptarbeit darin, dass ich hier alleine sitze und vor mich hin komponiere. Und da ich von meinem Naturell doch eher ein sehr geselliger Typ bin, ist das mit Gayle Tufts schon ein Ausgleich, dann bin ich auf der Bühne, ich bin unter Leuten, du bekommst ein direktes Feedback zu dem, was du machst."
Seit 2010 arbeitet Marian Lux mit der amerikanischen Entertainerin Gayle Tufts zusammen. Er komponiert die Musik für ihre Shows in Berlin und begleitet sie auf der Bühne am Klavier und gesanglich. Außerdem arbeitet er als Komponist für Fernsehserien, schreibt momentan die Musik für ein Musical und ist der musikalische Leiter der Goldenen Kamera. Mit seinen 32 Jahren ist der Brandenburger gut im Geschäft.
Luftaufnahme der Pfaueninsel im Berliner Bezirk Zehlendorf am 16.04.2007. 
15 bis 20 Minuten lang soll die Havel-Symphonie von Marian Lux werden werden.© picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Und dann ist da noch die Havelsymphonie. Seit seiner Kindheit kennt Marian Lux den Fluss. Er freut sich auf die Herausforderung, die Havel zum Klingen zu bringen.
"Die Idee kam von Michael Omilian. Das ist ein guter Freund von mir, mit dem ich schon jahrelang zusammenarbeite. Er rief mich vor mittlerweile schon drei Jahren an. Das war im Sommer, ich war auf dem Balkon, und er meinte: Mensch, ich hab gehört, die BUGA 2015 findet ja nur in Städten entlang der Havel statt, wäre es nicht eine Idee, wenn man dazu ein Stück schreiben würde, eine symphonische Dichtung, ähnlich wie Smetana mit der Moldau, nur mit der Havel. Und ich fand die Idee grandios, finde sie bis heute grandios und habe sofort gesagt, na klar.
Ich habe eine Havelrundfahrt gemacht und mich von dem Fluss inspirieren lassen. Und das war tatsächlich hochinteressant, weil das meinen Blick auf die Havel ein bisschen verändert hat. Ich kannte den Fluss von Kindheit an, aber war jetzt schon lange nicht mehr da. Und ich dachte früher, ja cool die Havel. Und dachte natürlich an die Moldau und auch an die Rheinische.
Und als ich dann die Havelrundfahrt gemacht habe, habe ich gemerkt, nein, stimmt gar nicht, der Fluss ist gar nicht, wie ich dachte. Der Fluss ist viel intimer, er ist viel kleiner. Er kann natürlich auch eine Gewalt haben. Aber das hat meinen Blick auf die Komposition ein bisschen verändert. Wie er genau klingen wird, kann ich jetzt noch nicht sagen, da bin ich noch nicht weit genug.
Aber auch hier kann ich nur sagen, wenn ich Fluss höre, höre ich Celesta, Harfe, Klavier, Glockenspiel. Ich glaub, das sind alles Elemente, die auch ein Fluss akustisch gut vertragen kann."
"Wunderbare Momente, die man musikalisch toll bedienen kann"
15 bis 20 Minuten lang soll die Havel-Symphonie werden. Er hätte gern zwei Harfen und eine Celesta dabei, ansonsten soll das Stück für ein normales Symphonieorchester geschrieben werden. Dadurch erhofft sich Marian Lux, dass das Stück auch nach der BUGA weiter gespielt wird, was mit einer ungewöhnlichen Instrumentierung schwieriger werden könnte. Auch wenn es bisher kaum Noten auf dem Papier gibt, hat er bereits erste Ideen für die Symphonie in seinem Kopf.
"Ich weiß noch, als wir auf der Havel gefahren sind, gab es einen wunderschönen Moment. Sie hat ja streckenweise nur so ganz kleine Kanäle und dann fährt man auf einen großen See zu, was aber alles noch die Havel ist. Und das sind wunderbare Momente, die man musikalisch toll bedienen kann. (beginnt zu spielen) Das wär der Kanal. (spielt) Jetzt fahren wir auf den See. (spielt) Und wieder zurück zum Kanal (spielt). Ist vielleicht ein bisschen zu gruselig, aber sowas in der Art."

In den kommenden Wochen wird Marian Lux immer wieder zur Havel reisen, sich einzelne Flussabschnitte genau ansehen, um weitere Inspirationen zu sammeln. Anders als Smetana, der bei seiner Moldau den reinen Flussverlauf vertont hat, hat Marian Lux größere Pläne für seine Symphonische Dichtung.
"Wir möchten nicht nur den Flussverlauf vertonen, sondern wir möchten auch die historische Komponente bedienen. Wir wollen die Havel von dem Moment an, wo sie entstanden ist, bis zum heutigen Zeitpunkt akustisch wiedergeben. Das heißt alte Klänge, das heißt moderne Klänge, das heißt zum Beispiel auch die Wendezeit darf man nicht vergessen. Die zeitliche Ebene wird eine wichtige Rolle spielen. Wir haben da verrückte Ideen. Man muss dann gucken, was da am Ende übrig bleibt, werden wir sehen."
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