Peter Paul Althaus

Fleischgewordener Genius von Schwabing

Straßencafé in München-Schwabing 1972
Straßencafé in München-Schwabing 1972 © dpa / picture alliance / Istvan Bajzat
Von Uli Zwack · 16.09.2015
Der Kabarettist, Dichter, Dramaturg und Hörspielautor Peter Paul Althaus war praktizierender Schwabinger. Das Viertel, das früher die Heimat der Bohème war, nannte er "Traumstadt" und seine Bewohner die "sanften Irren". Heute vor 50 Jahren ist er gestorben.
"In der Traumstadt ist ein Lächeln stehn geblieben;
niemand weiß, wem es gehört.
Und ein Polizist hat es schon dreimal aufgeschrieben,
weil es den Verkehr, dort wo es stehn geblieben, stört."
Peter Paul Althaus, der dies dichtete und sprach, galt einst als fleischgewordener Genius von Schwabing, Münchens legendärem Künstlerviertel. Er apostrophierte sich überdies selbst gern als "Bürgermeister der Traumstadt" und wurde auch von anderen oft so geheißen. Folglich glaubten und glauben viele, dass es sich bei Althaus' Gedichtband, "In der Traumstadt" um eine Hommage an Schwabing handeln müsse. Und tatsächlich haben die Bewohner der erdichteten Traumstadt viel mit den Mitgliedern der einstigen Schwabinger Bohème gemein, die zum Beispiel der mit Althaus befreundete Publizist und ehemalige Zentralratsangehörige der Münchener Räterepublik, Erich Mühsam, folgendermaßen charakterisierte:
"Die Gestalten, die den Stadtteil Schwabing zum Kulturbegriff Schwabing machten, waren bei der denkbar größten Verschiedenheit voneinander - vereint in einer unsichtbaren Loge des Widerstandes gegen die Autorität der herkömmlichen Sitten."
Nun war Peter Paul Althaus - oder PPA, wie er sich oft nannte -, eigentlich gar kein echter Schwabinger, sondern gebürtiger Westfale. Erst 1922, als er schon 30 Jahre alt war, zog er nach Schwabing um. Denn:
"Dann fuhr ein Maler, ein mir bekannter Maler nach München und kam zurück und sagte: "Mensch, fahr nach München, da bleibste hängen", hähä."
Kein gebürtiger Schwabinger
Wie der Paradeschwabinger PPA von Geburt her also gar kein richtiger Schwabinger war, so war er von der Ausbildung her auch gar kein Künstler. Getreu dem Willen des Vaters hatte er eine Apothekerlehre begonnen, sie nach dem Ersten Weltkrieg jedoch nicht mehr fortgeführt.
Bereits vor dem Umzug hat er Beiträge in so angesehenen Zeitschriften wie der "Jugend "oder dem "Simplizissimus" veröffentlicht. Deshalb erhält er nach der Ankunft in "Isarathen" schnell Zutritt zu den maßgeblichen Künstlerkreisen.
"Ich bekam dann sehr bald Schwabinger Bekanntschaften, wie Karl Wolfskehl, mit dem ich sehr befreundet gewesen bin. Dann bekam ich Zugang zum Wedekindhaus."
Hinzu gesellen sich Stefan George, Thomas, Heinrich, Erika und Klaus Mann. Rainer Maria Rilke, Joachim Ringelnatz und viele mehr. Althaus erweist sich als wortgewaltiger Tausendsassa, er schreibt Artikel und Gedichte, verfasst Hörspiele für den Bayerischen Rundfunk, gründet das literarische Kabarett Zwiebelfisch. 1939 wechselt er jedoch als Chefdramaturg des Deutschlandsenders nach Berlin, wird jedoch 1941 auf Betreiben von Joseph Goebbels entlassen, weil er Albert Einstein einen Gedichtband gewidmet hatte.
Sechs Gedichtbände sind Hauptvermächtnis
Nach dem Krieg zieht es ihn zurück nach München. Dort will er das alte Schwabing wiederbeleben. Er gründet Kabaretts, wie das "Monopteross", und Künstlertreffs wie die "Seerose". Ab 1951 veröffentlicht er sechs Gedichtbände, die um die Traumstadt und ihre Bewohner, die sogenannten sanften Irren, kreisen. Die darin enthaltenen Gedichte erinnern mit ihrem oft skurrilen, aber doch stets feinsinnigen Wortwitz ein wenig an Christian Morgenstern oder Joachim Ringelnatz und bilden Althaus' literarisches Hauptvermächtnis.
Peter Paul Althaus starb am 16. September 1965 in seiner Wohnung - und hat der Nachwelt ein Traumstadt-Lächeln hinterlassen, das vermutlich länger Bestand haben wird als die gegenwärtige Münchener Schickeria.
"Langsam schleicht es sich von hinnen;
doch auf einmal wird es licht verklärt
und dann geht es ganz nach innen
und du weißt, wem es gegolten und gehört."