Peter Moore: "Das Wetter-Experiment"

Glänzende Wissenschaftsgeschichte

Wetterfrosch in einem Weckglas.
Oft scheint es, als würden Meteorologen ihre Vorhersagen noch auf kletternde Frösche in Einweckgläsern gründen. © picture alliance / dpa / WILDLIFE/I.Elsner
Von Günther Wessel · 19.07.2016
Wie wichtig Wettervorhersagen sind, weiß jeder. Wie sich aber die Wettervorhersage als eine Wissenschaft, die Meteorologie, im 19. Jahrhundert herausbildete, beschreibt der englische Journalist Peter Moore in seinem Buch "Das Wetter-Experiment": spannend und unterhaltsam.
Die Geschichte der Meteorologie ist auch die eines wissenschaftlichen Konfliktes: Soll man das Wetter nur aufzeichnen und beschreiben oder soll und kann man es auch vorhersagen?
Auf der Suche nach Antworten erzählt Peter Moore zunächst von den Wetterbeschreibern – Wissenschaftlern wie Sir Francis Beaufort, der im Januar 1806 die unterschiedlichen Winde erstmals in eine 13-teilige Skala sortierte und so die Grundlage für Windstärken-Skalen schuf. Er erinnert an Luke Howard, der 1803 die Wolkentypen wissenschaftlich benannte, und erzählt vom amerikanischen Reeder William C. Redfield, der 1831 als erster das "Auge des Hurrikans" erkannte, die Zone eines Wirbelsturms, in der Windstille herrscht. Ein anderer Wetterbeschreiber war der amerikanische Marineoffizier Matthew Maury. Er studierte alte Logbücher und trug daraus die Wetterangaben für zahlreiche Meeresregionen zusammen – erste Wind- und Strömungskarten, die Schiffsreisen sicherer machten.

Die Wettervorhersage - ein Ratespiel?

Peter Moores größter Meteorologen-Held aber ist der Marineoffizier Robert FitzRoy, bekannt als Kapitän der "Beagle", des Forschungsschiffes, auf dem Charles Darwin die Welt umsegelte. FitzRoy versuchte, die Wettervorhersage zur Wissenschaft zu machen, vor allem, um vor Stürmen warnen zu können. Gegner gab es damals viele – galt doch die Wettervorhersage eher als Ratespiel. Als in der Unterhausdebatte 1854 ein Redner sagte, dass man wahrscheinlich bald das Wetter 24 Stunden im Voraus bestimmen könne, wurde er gnadenlos verlacht.
Erst ein Unglück brachte den Durchbruch für die Idee der Sturmwarnung: Im Oktober 1859 sank die Royal Charter auf den Weg von Melbourne nach Liverpool, einen Tag bevor sie den Heimathafen erreichte. Mehr als 450 Menschen starben, einen Wetterhinweis hatte es nicht gegeben. Danach wurde sie eingerichtet – und Robert FitzRoy der oberste "Wetterbeamte" des Empire. Bloß waren seine Prognosen oft ungenau, sein wissenschaftlicher Hintergrund zu mager. Weil seine Vorhersagen oft zwischen Wissenschaft und Gottvertrauen lavierten, sah er sich immer stärkeren persönlich-spöttischen Angriffen ausgesetzt - am 30. April 1865 nahm er sich das Leben.

Stark personenbezogen erzählt

Peter Moore bewältigt, trotzt aller Abschweifungen, sein Thema glänzend. Er erzählt stark personenbezogen, breitet oft auch Nebensächliches aus, wie künstlerische Debatten um die Art wie John Constable den Himmel malte, dank seiner glänzenden erzählerischen Prosa folgt man ihm aber gerne. Denn er malt mitreißende Stimmungsbilder, dringt tief in die Persönlichkeit seiner Helden ein und versteht es, Spannung aufzubauen und zu halten. Zuletzt geht der englische Journalist auf aktuelle Wetter- und Klimaprognosen ein und verlangt, die Warnungen der Klimatologen ernst zu nehmen. So wird sein historischen Buch am Ende zum Appell an Wissenschaft, Politik und Wirtschaft: die Klimakatastrophe zu verhindern.

Peter Moore: Das Wetter-Experiment. Von Himmelsbeobachtern und den Pionieren der Meteorologie
Aus dem Englischen von Michael Hein
Mare Verlag, Hamburg 2016
560 Seiten, 26 Euro

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