Peter Goes: "Vom Urknall bis heute"

Zeitreise in faszinierenden Bildern

Eine neue Aufnahme des Weltraumteleskops "Hubble", die am 9.3.2004 veröffentlicht wurde. Sie zeigt etwa 10000 Galaxien, einige von ihnen in chaotisch wirkender Formgestaltung. Die Aufnahme erfasst nur einen äußerst kleinen Teil des Himmels unterhalb des Sternbilds Orion, bezeichnet als "Hubble Ultra Deep Field" (HUDF).
Wie sah der Urknall aus? Mithilfe des Teleskops Hubble versucht der Mensch, sich ein Bild zu machen - der Illustrator Peter Goes stellt ihn sich als rot-gelbe Explosion vor. © picture-alliance/dpa/dpaweb
Von Eva Hepper · 21.06.2016
Nicht weniger als die Geschichte der Welt erzählt der Illustrator Peter Goes: Vom Urknall bis in die Gegenwart verpackt er sie in beeindruckende Wimmelbilder, die in den Bann ziehen. Die Textpassagen fallen dagegen überraschend ab.
Im Vordergrund schwingen sich drollige Äffchen durch hohen Papyrus, im Hintergrund fliegt ein Skarabäus Richtung Sonne und im Zentrum des Bildes wuseln emsige Männlein um große dreieckige Gebilde. Sie ziehen Felsblöcke, schleppen Werkzeuge und hantieren mit Leitern und Messinstrumenten, während sie Absatz für Absatz die Höhe der Dreiecke erklimmen - so turbulent geht es zu, wenn sich Peter Goes auf Zeitreise begibt und Station im alten Ägypten macht, um den Pyramidenbau in Szene zu setzen.
Nicht weniger als die Geschichte der Welt vom Urknall bis heute hat sich der belgische Illustrator für sein fantasievolles Bilderbuch im Retrodesign vorgenommen. In pastellenen Farben, auf extra dickem Papier und mit grafischen Darstellungen, die auch cartoonartige Elemente und Figuren beinhalten, versammelt er die wichtigsten Stationen des Planeten und seiner Bewohner.

Der Urknall als rot-gelbe Explosion

Alles beginnt mit dem Urknall. Peter Goes setzt ihn auf die erste Seite seiner Zeitreise als zackige rot-gelbe Explosion, aus der eine schwarze Wolke entweicht. Diese wird beim Blättern zum Zeitstrahl, der sich auf allen Seiten fortsetzt und auf dem sich kontinuierlich die Weltgeschichte entfaltet: vom ersten Leben im Wasser und dem Aufkommen und Aussterben der Dinosaurier, über die Entstehung des Menschen, die frühesten Siedlungen, die Hochkulturen, das Entwicklung von Kunst, Kultur und Wissenschaft bis hinein in die unmittelbare Gegenwart der 2010er Jahre. Auch Kriege und Katastrophen lässt der Belgier nicht aus.
Herrlich ist dieses Buch anzusehen, jedes einzelne Zeitpanorama zieht einen regelrecht in Bann. Was es dort – ähnlich wie auf Wimmelbildern mit unzähligen Piktogrammen dargestellt – alles zu sehen gibt! Allein wie Peter Goes die Entdeckungsreisen illustriert, erschließt auch nach langem Anschauen immer wieder neue Geschichten. Seien es liebevoll skizzierte Schlittenhundgespanne, prächtige Segelschiffe, ein unvermittelt auftauchendes Figürchen auf Skiern oder Wale, Fische, Drachen und Ungeheuer, die am Rande der bekannten Welt lauern.

Der Text wirkt oft ungelenk

Jede Seite bietet einen kurzen Einführungstext und jeweils wenige Zeilen begleiten die Piktogramme. So erfährt man beispielsweise, dass es Robert Peary war, der sich 1909 mit den Schlittenhunden dem Nordpol näherte, dass die Schiffe Vasco da Gama 1498 nach Indien und James Cook 1770 nach Australien brachten, und dass das unmittelbar auftauchende Figürchen Roald Amundsen darstellt, der 1911 als erster Mensch den Südpol erreichte.
Leider kann der Text mit der Schönheit und Poesie der Bilder nicht mithalten. Er ist schmucklos, oft ungelenk und manchmal unfreiwillig komisch oder von sehr eigenem Humor. Etwa wenn das Attentat von Sarajewo auf Erzherzog Franz Ferdinand als "Startschuss" für den Ersten Weltkrieg bezeichnet wird. Ob es an der Übersetzung liegt?
Doch lebt diese Zeitreise ohnehin von ihren faszinierenden Bildern. Und auch wenn Peter Goes’ Auswahl der weltgeschichtlich bedeutenden Ereignisse radikal subjektiv ist, ist man vom diesem Buchkunstwerk doch vollends bezaubert.

Peter Goes: Die Zeitreise. Vom Urknall bis heute
Aus dem Niederländischen von Verena Kiefer
Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2016
78 Seiten, 24,95 Euro

Mehr zum Thema