Persönliches zur deutschen Teilung

Die Berliner Mauer in Kreuzberg, 1962
Die Berliner Mauer in Kreuzberg, 1962 © Deutschlandradio
21.06.2011
Der Theatermacher Einar Schleef und die Berliner Mauer: Dieser Verbindung geht ein neuer Bildband nach, der Fotos und private Texte des Künstlers versammelt. Der Einblick in die Schleefsche Innenwelt überzeugt unsere Rezensentin nicht, die Bilder sind zudem noch unscharf.
Einar Schleef ist eine der großen Figuren der deutschen Theaterlandschaft: groß insofern, als er viel Getöse verursachte und lange Schatten warf. Sein Theaterschaffen war spektakulär, oft monumental, gerne pompös. Auf dem Theater synthetisierte er seine vielen Talente: als Maler beziehungsweise Bühnenbildner, als Schriftsteller, Schauspieler und Regisseur. Und das Talent, sich und seine persönliche Geschichte der großen Historie emblematisch zuzuordnen.

Bei Einar Schleef war es vielleicht tatsächlich dasselbe: eine Trennung zwischen Zeitläufen und Lebenslauf war in seinem Denken konzeptionell einfach nicht vorgesehen. Seine posthum erschienen Tagebücher sprechen diesbezüglich Bände. Und zwar fünf, davon keiner zierlicher als 450 Seiten.

Einen Ausschnitt aus Schleefs üppigen Selbstzeugnissen kann man nun in einem beim kleinen Berliner Elfenbein-Verlag erschienenen Buch nachlesen. Es ist zum 50. Jahrestag des Mauerbaus erschienen und enthält Fotografien und Texte Schleefs, die sich in irgendeiner Weise auf die Mauer beziehen.

Ob es sich um einen relativ bekannten Schlüsseltext aus der Kindheit handelt ("Halt auf freier Strecke") oder um eine Tagebuchnotiz, die einen sonntäglichen Fahrradausflug am Westberliner Mauerstreifen behandelt: Der 1944 im thüringischen Sangerhausen geborene, 1976 in den Westen geflohene und 2001 im wiedervereinigten Berlin gestorbene Theatermacher war nicht nur Zeuge und Zeitgenosse der deutschen Teilung, er verkörperte sie geradezu.

Schleef neigte ohnehin sehr dazu, das zu verkörpern, worunter er zu leiden hatte, davon vor allem sind seine Texte deutlicher Ausdruck: "Kleinste Niederlagen, der Einkauf, der verpaßte Bus, alles wurde wichtig. Ringsrum wurde alles feind, bis sie sich selbst gegenüberstanden."

Irgendwann während der Lektüre dieses Buchs wird man sich fragen, warum all das eigentlich (noch einmal) veröffentlicht werden musste. Nur weil eine öffentliche Figur mit beträchtlicher Anhängerschaft so überaus mitteilsam war? Weil sie so sehr den historischen Mittelpunkt für sich reklamierte?

Das Beste an diesem Buch ist vielleicht, dass es einem interessierten, aber noch nicht durch die Tagebücher verschreckten Leser Einblicke in die Schleefsche Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt bietet. Und schlecht gedruckte - oder einfach nur unscharfe - Schwarzweißfotos der Berliner Mauer.

Besprochen von Katharina Döbler

Einar Schleef: "Ich habe kein Deutschland gefunden"
Erzählungen und Fotografien zur Berliner Mauer
Elfenbein Verlag, Berlin 2011,
152 Seiten, 29,00 Euro