Performance

Abbildung fragwürdiger Sozialromantik

Von Elisabeth Nehring · 18.12.2013
Die Welt der Billiglohnarbeiter, der illegalen Arbeitskräfte, der Arbeitssuchenden ohne Arbeitserlaubnis – von dieser Schattenwelt hat jeder schon einmal etwas gehört. Das Wiener Performancekollektiv God’s Entertainment hat daraus einen Performanceabend gemacht.
Bereits das Entrée zur Vorstellung zeigt deutlich: Das Thema soll uns nah gehen. Denn die Zuschauer dürfen nicht einfach so den Theatersaal betreten, sondern werden durch einen mit Planen verhängten Gang geschleust, in dem die Billiglohnarbeiter aus aller Herren Länder warten.
Enge, Schweißgeruch, freundliche Gesichter. Die Verhandlungen, für wie viel Geld pro Stunde sie auf dem Bau arbeiten dürfen, werden wir später per Projektion zugespielt bekommen. Auf der Bühne wartet eine riesige Baustelle: Gerüste, Leitern, Kreissägen, Betonmischer, jede Menge Dreck und Staub. Die Arbeiter werden zugeteilt; wenn sie nichts zu tun haben, müssen sie sich unter einem Schild "Café Europa" aufstellen und auf die nächste Zuweisung des Vorarbeiters warten.
Jede Menge Aktionismus
Die Szenerie ist großartig, der inhaltliche Tiefgang tendiert gegen Null. Zwar herrscht jede Menge Aktionismus (neben Putzen und Werkeln eine Baustellenführung für ausgewählte Zuschauer, eine Baustellenbeichte, ein Hypnotiseur, der die Arbeiter davon überzeugen möchte, dass sie gerne für drei Euro die Stunde arbeiten) und auch die Theorie kommt nicht zu kurz (der Wert der Arbeit, Konsum, Gebrauchs- und Tauschwert sind dabei unumgängliche Schlüsselbegriffe) – doch wird die Dokumentation/Herstellung von Realität und die Kritik an dieser Realität derart lose nebeneinander gestellt, dass sie schlichtweg keinen inhaltlichen Mehrwert ergibt.
Das Ärgerlichste aber ist, dass die Arbeiter eigentlich nur Staffage zur Szenerie sind. Rein gar nichts erfahren wir von ihnen, ihrem Lebensweg, ihrem Schicksal. God’s Entertainment wollen den Blick auf die Strukturen lenken, die politischen Konstrukte (in diesem Fall die EU), die derartige Ausbeutungssysteme überhaupt erst ermöglichen – doch mehr als die Abbildung einer offenkundigen Situation inklusive fragwürdiger Sozialromantik gelingt hier nicht.