Pegida

Klares Feindbild, einfache Heilslehre

Pegida-Demonstration in Dresden
Pegida in Dresden: "Man kann nur hoffen, dass unter den vielen tausend Anhängern dieser Montagsdemos sich einige schlicht verlaufen haben", meint Güner Balcı. © dpa/picture alliance/Matthias Hiekel
Von Güner Balcı · 13.12.2014
Pegida, Dügida oder Bagida: Es war nur eine Frage der Zeit, bis der europaweite Rechtstrend auch in Deutschland ein Gesicht bekommt. Doch eigentlich klingen viele der Forderungen wie bei der CSU abgeschrieben.
Sie heißen Pegida, Dügida oder Bagida und sind keine neue Zwergpudelkreuzung, sondern Deutsche, die gern Patrioten wären. Ihr Protest richtet sich gegen eine angebliche Islamisierung des Abendlandes, und ihr Ziel ist die "Bewahrung und der Schutz unserer deutschen Identität".
Je schlichter, desto massentauglicher. Und so treiben die Hetzparolen der Pegida in Dresden seit Monaten Massen auf die Straße. Man ahnt, wie sehr sich die Protestierenden nach einer einfachen neuen Heilslehre sehnen, der Feind ist klar, das Ziel gesteckt, es darf getreten werden: Nach Asylbewerbern, Flüchtlingen, Muslimen und nicht zu vergessen den kriminellen Migranten, wenn nicht mit Füßen, so wenigsten verbal, denn sie sind es, die unser schönes Land ruinieren.
Nur deutsche Deutsche dürfen das
Denn es ist ganz einfach: Kriminell dürfen nur Deutsche sein, auch Frauenverachtung, Homophobie und überhaupt Menschenfeindlichkeit ist nur einem echten Deutschen, also deutschem Deutschen, also einem Menschen vorbehalten, dessen Einwanderungsgeschichte mindestens solange zurück liegt, dass sich selbst der Urgroßvater nicht mehr an die Oma aus Polen erinnern kann.
Und auch die Liebe zum Land der Dichter und Denker ist nur einem solchen vorbehalten.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser europaweite Rechtstrend auch in Deutschland ein Gesicht bekommt – obwohl, eigentlich klingen viele der Pegida-, Dügida-, Bagida-Forderungen wie von der CSU abgeschrieben, die ja auch fordert, dass Türken zu Hause ausschließlich Deutsch sprechen. Die Idee ist gar nicht so verkehrt, wenn das nicht "zu Hause", sondern zu Besuch beim deutschen Nachbarn passieren würde, der selbst aber nur in Türkisch antworten dürfte – ein täglicher Tandem-Sprachkurs sozusagen, damit endlich zusammenwächst, was zusammengehört. Aber dazu müsste der deutsche Nachbar erst mal das Einmaleins der türkischen Gastfreundschaft lernen, und das kann dauern, denn 50 Jahre Einwanderung haben da nicht gereicht.
Gebet oder Swingerclub: Anderssein ist erlaubt
Zusammenwachsen ist überhaupt eine schöne Sache, setzt es doch voraus, dass man sich gemeinsam entwickelt, dass etwas gedeiht, größer und schöner wird, vielleicht auch, dass etwas ganz Neues entsteht: ein neuer deutscher Patriotismus zum Beispiel, ein "Hurra, wir sind Deutschland und stolz darauf!"
Ganz egal, ob jemand fünf Mal am Tag gen Mekka betet oder am Wochenende als Paar in den Swingerclub geht – wir sind eine Gesellschaft, die jedem sein Anderssein einräumt und trotzdem, wenn es drauf ankommt zusammenhält, gegen Islamismus, gegen Fanatismus, gegen Rassismus, gegen Sharia, gegen Pegida, Dügida und wie sie alle heißen, eben gegen alle, die nicht begriffen haben, dass wir eine Gesellschaft sind – ganz egal, welcher Glaube, welche Gesinnung und welche Sprache uns umtreiben.
Wir alle sind Teil der deutschen Identität, und das gilt es zu bewahren und zu schützen. Man kann nur hoffen, dass unter den vielen tausend Anhängern dieser Montagsdemos sich einige schlicht verlaufen haben, dass ihre Angst vor islamischem Terror ihren Verstand nur für einen Moment aussetzen ließ. Ihnen sei geraten, sich bei erneutem Aufkommen akuter Phobie an ihren muslimischen Nachbarn zu wenden, denn der wird diese Angst nicht nur verstehen, sondern teilen – vorausgesetzt man hat muslimische Nachbarn in Dresden.
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