Partnerschaft

Renaissance für die EU-US-Beziehungen

Transatlantischer Flaggenaufbau in Brüssel.
Noch ist nicht alles am richtigen Platz: Transatlantischer Flaggenaufbau in Brüssel © picture alliance / dpa / Javier Bernal Revert
Von Jörg Münchenberg · 29.03.2014
Die Krise auf der Krim biete für Europa und die USA die unerwartete Chance, die gegenseitigen Beziehungen auf ein erneuertes Fundament zu stellen, meint Jörg Münchenberg. Einfach werde das jedoch nicht.
Eine Krise schweißt zusammen. Das gilt auch, wenn es um internationale Beziehungen geht. Selbst für Europa und die USA, die auf eine langjährige wie enge Freundschaft und Partnerschaft zurückschauen können. Gerade die Krise in der Ukraine und die handstreichartige Übernahme der Krim durch Russland hat beiden Seiten noch einmal drastisch veranschaulicht, was sie einander haben.
Der US-Präsident hat das bei seinen Besuchen auf dem Gipfel für Nukleare Sicherheit in Den Haag und danach in Brüssel klar benannt. Europa und die USA können, müssen aufeinander bauen. Sie teilen in vielen politischen und gesellschaftlichen Fragen die gleichen oder zumindest ähnlich Werte und Anschauungen und sind zudem auch über ein militärisches Bündnis auf das engste mit einander verflochten.
Und doch waren es eben nicht nur bloße Selbstverständlichkeiten, die Barack Obama in dieser Woche noch einmal unterstrichen hat. Im Gegenteil: in den letzten Jahren hat sich einiges in den transatlantischen Beziehungen verschoben – manches klar sichtbar, anderes eher unterschwellig, aber deshalb nicht weniger bedeutsam.
Gewachsene Distanz mit einem Schlag beseitigt
Da sind etwa die unterschiedlichen Positionen im Irakkrieg, die am Ende zu einer Koalition der Willigen geführt haben. Für mehr hat es nicht gereicht. Was in den USA wiederum die Zweifel an der Verlässlichkeit nicht zuletzt der Deutschen genährt hat. Da ist aber auch der knallharte Kampf zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken, die sich etwa auf dem Agrar- oder auch Flugzeugmärkten gegenseitig nichts schenken.
Die hemmungslosen Lausch- und Spähattacken durch die NSA haben wiederum das Vertrauen der Europäer in die USA tief erschüttert. Während die USA dem alten und dem scheinbar reformunwilligen Europa wirtschaftlich kaum noch etwas zutrauen und sich deshalb längt den boomenden Volkswirtschaften in Asien zugewandt haben.
Spitzen-Treffen in Brüssel: u.a. mit US-Präsident Barack Obama (ganz links) und Herman Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rates.
Spitzen-Treffen in Brüssel: u.a. mit US-Präsident Barack Obama (ganz links) und Herman Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rates.© picture alliance / dpa / Yves Herman / Pool
Diese in den vergangenen Jahren eher gewachsene Distanz hat jetzt die Krise in der Ukraine und das kalte Vorgehen Russlands nicht mit einem Schlag beseitigt. Aber sie hat eben doch wieder deutlich gemacht: die USA und Europa sind aufeinander angewiesen. Indes: dieses Bündnis muss weiter gepflegt werden.
Deshalb war der Besuch von Barack Obama in Brüssel ein wichtiges Signal, auch wenn der US-Präsident nicht einmal zwei Stunden mit den Spitzen von Rat und Kommission zusammensaß. Wichtig war das öffentliche wie eindringliche Bekenntnis zum jeweils anderen Partner.
NSA-Affäre längst nicht ausgestanden
Ausreichen wird das nicht. In Europa gibt es weiterhin große Vorbehalte gegenüber dem geplanten Freihandelsabkommen. Hier müssen die USA erst noch beweisen, dass sie nicht allein ihre Wirtschaftsinteressen durchsetzen wollen und dass sie auch für die europäischen Umwelt- und Sozialstandards Verständnis aufbringen.
Auch die NSA-Affäre ist, obwohl sie beim Besuch des US-Präsidenten zumindest öffentlich kaum noch eine Rolle gespielt hat, längst nicht ausgestanden. Die Zugeständnisse, die die USA bislang ihren Bündnispartnern in Aussicht gestellt haben, werden nicht ausreichen, um die anhaltende Vertrauenskrise zu beseitigen. Hier muss es klarere Zusagen geben.
Umgekehrt müssen aber auch die Europäer erst noch beweisen, dass sie es mit ihrem Bekenntnis zu einer größeren Flexibilität bei der Energieversorgung wirklich ernst meinen. Dass sie tatsächlich nicht mehr nur einseitig auf russisches Gas oder Erdöl setzen. Eine glaubwürdige wie ehrgeizige Energiewende könnte dabei hilfreich sein.
Letztlich bietet die Krise auf der Krim die unerwartete Chance, die gegenseitigen Beziehungen auf ein erneuertes Fundament zu stellen. Das alte ist zwar immer hoch tragfähig, aber an der einen oder anderen Stelle gibt es erhebliche Schäden. Ob die Baumeister in den USA und Europa bei ihrer Arbeit erfolgreich sein werden, ist keinesfalls ausgemacht. Am Ende könnten es beide – um im Bild zu bleiben werden – auch nur bei ein bisschen Farbe belassen. Das aber wäre ein großer Fehler.
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