"Paradies: Liebe"

Von Bernd Sobolla · 30.12.2012
Österreichische Filmemacher gelten im Vergleich zu deutschen als härter im Aufzeigen von Missständen. Für Ulrich Seidl gilt das ganz besonders. Mit radikaler Offenheit porträtiert er seit Jahren Außenseiter. Sein neuer Film hat mit Prostitution zu tun und trägt den Titel "Paradies: Liebe".
Die 50-jährige Teresa, gespielt von Margarethe Tiesel, lebt in Wien, schlägt sich mit ihrer pubertierenden Tochter herum und will am Strand von Kenia für zwei Wochen ihrem drögen Alltag entfliehen. Die Sonne scheint, das Hotel ist schön, die schwarzen Bediensteten sind "zuvorkommend", und die anderen weiblichen Gäste wissen das zu genießen.

"Aber ich sage dir das: Die Haut, die musst du mal riechen von denen. Das vergisst du nimmer. / Von wem? / Na von den Negern. Das riecht wie Kokus und die könntest dauernd abschlecken und reinbeißen. Das ist ein Wahnsinn. / Du bist unmöglich. Hör auf. / Es ist ein Wahnsinn. / Ich traue mich nicht."

Doch die Musik und das exotische Ambiente versetzen auch Teresa in Stimmung. Und der junge Munga macht es ihr leicht. Auch wenn er beim Küssen noch etwas Nachhilfe braucht.

"And do you want to kiss me? /Yes, yes. I kiss you. / Really? / Okay. / I come. / Lachen."

Fortan lässt sich Teresa von Munga verwöhnen und mutiert zu einer Sugarmama, einer weißen Frau, die die Liebesdienste der schwarzen Männer in Anspruch nimmt. Wobei schnell Geld ins Spiel kommt. Teresa lässt sich in einer Mischung aus Naivität und Verliebtheit auf das Spiel ein und glaubt nur zu gern all die kleinen Lügen, die dazu gehören.

"Na ja, ich glaube, dass die Liebe schon manchmal zu Ende geht. / Nooooo! In, in, in Europe may be. In Africa no."

Umso härter trifft es Teresa, als sie "ihren" Munga mit seiner Frau am Strand trifft.

"Du Scheißkerl! Du Scheißkerl! Das ist deine sister, hä!? Das ist deine sister? Das ist deine Frau, du! Das ist deine Frau. Du Scheißkerl! Komm her! Da, komm her! Schau mich an! Schau mich an! Schau mich an, du Feigling! Schau mich an, du Feigling!"

Mit boshaftem Humor und scharfem Blick zeigt Ulrich Seidl, wie die Europäerinnen ihre voluminösen Körper und die Zeichen der Zeit beklagen. Und die langen, starren Kameraeinstellungen halten gnadenlos die gegenseitige Ausbeutung fest, die unter Alkoholeinfluss noch gesteigert wird.

"Was putzt denn der da? / Lachen. / Das glänzt alles wie ein Speckschwarte. Für was putzt der da? / Der will nur deine Nähe. / Lachen. / Der glänzt so wie a Speckschwarte. / Lachen."