Oxfam-Studie

Soziale Ungleichheit wächst weltweit

Königsallee in Düsseldorf
Düsseldorf am 19.11.2014 auf der Königsallee. Ein Obdachloser sitzt neben einem Schaufenster mit Luxusuhren. © picture alliance / dpa / Foto: Martin Gerten
Von Stephanie Pieper, ARD-Studio London · 16.01.2017
Die globale Ungleichheit nimmt laut der britischen Hilfsorganisation Oxfam immer dramatischere Ausmaße an. Demnach verfügen die acht reichsten Menschen der Welt über ein größeres Vermögen als die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung.
Wer die Top Ten auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt studiert, der entdeckt dort Männer wie Microsoft-Gründer Bill Gates oder den Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Die ersten acht Männer in diesem Ranking verfügen zusammen über ein Vermögen von 426 Milliarden US-Dollar. Das ist mehr, als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt - das sind mehr als dreieinhalb Milliarden Menschen.
Das ist die Quintessenz des jüngsten Oxfam-Berichts, sagt Kampagnenleiter Max Lawson.
"Die soziale Ungleichheit wächst, die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich jedes Jahr weiter und hat jetzt ein neues Extrem erreicht. Was neu ist: Jetzt sehen alle, welche politischen Folgen das hat."

Unzufriedenheit überall auf der Welt

Als Beleg führt Lawson den Aufstieg und Erfolg populistischer Bewegungen an, die Entscheidung der Briten für den Brexit und die Entscheidung der US-Amerikaner, Donald Trump in das Weiße Haus zu wählen, sei beides auch ein Ausdruck der Unzufriedenheit darüber, dass der Wohlstand ungerecht verteilt sei - nicht nur in den Entwicklungs- und Schwellenländern, sondern auch in den Industriestaaten.
"Das stimmt für die USA und Großbritannien genauso wie für Indonesien, Südafrika oder die ärmsten Länder. Überall auf der Welt hat sich die Ungleichheit vergrößert in den letzten Jahrzehnten. Das verursacht soziale Probleme, verhindert die Ausradierung der Armut und zerfrisst unsere Gesellschaften."
Sowohl vermögende Menschen als auch Konzerne müssten ihren fairen Teil dazu beitragen, etwa Bildung, Gesundheitsversorgung und soziale Absicherung zu finanzieren. Die britische Nothilfe- und Entwicklungsorganisation plädiert dafür, "neoliberale Glaubenssätze" aufzugeben und insbesondere in der Steuerpolitik das Gemeinwohl wieder in den Mittelpunkt zu rücken.
"Unser Wirtschaftsmodell ist kaputt, weil es die ganz oben belohnt und daran scheitert, die Früchte des Wachstums gerechter zu verteilen. Mehr dieses Wohlstands müsste für Schulen ausgegeben werden und weniger für Superjachten."

"Steueroasen sind ja kein Wetterphänomen"

Lawson fordert, die Steuervermeidung von Wohlhabenden und internationalen Konzernen zu bekämpfen, indem ein globaler Mindeststeuersatz für Konzerne eingeführt wird und indem etwa Apple, Google und Co transparent machen müssen, wo sie welche Gewinne erzielen, um sie auch dort zu besteuern.
Auch den Steuerparadiesen will Oxfam den Garaus machen.
"Es ist durchaus möglich, das Problem der Steueroasen zu lösen. Die sind ja kein Wetterphänomen, sondern wurden von Menschen geschaffen. Man kann sie also schließen, und man kann sie regulieren. Früher war es für Reiche und Konzerne auch nicht möglich, ihr Geld auf diese Weise zu verstecken."
In Deutschland besitzen laut Oxfam 36 Milliardäre zusammen so viel wie die ärmere Hälfte der Bundesbürger. Der Report mit dem Titel "Eine Wirtschaft für die 99 Prozent" beruht auf Daten, die die Schweizer Bank Credit Suisse zusammengetragen hat.
Hoffnung macht Lawson das Beispiel Namibia. Das Land im Süden Afrikas habe es geschafft, durch eine stärkere Besteuerung von Vermögenden und Investitionen und die Bildung die soziale Ungleichheit zu verringern.