Ostukraine

Nur wenige Parteien sind zu Separatistenwahlen zugelassen

Der selbsternannte Premierminister von Donezk, Alexander Sachartschenko, bei der Stimmabgabe.
Der selbsternannte Premierminister von Donezk, Alexander Sachartschenko, bei der Stimmabgabe. © AFP / Alexander Khudoteply
Von Johanna Herzing · 02.11.2014
Farce, politisches Theater, Pseudowahlen – so beschreiben ukrainische Medien die Abstimmungen der Separatisten, die heute im Osten des Landes stattfinden. Die Regierung in Kiew will deren Organisatoren strafrechtlich verfolgen.
Vielleicht 50 Menschen sind vor das Postgebäude auf dem Maidan in Kiew gekommen, keine nennenswerte Menge für einen Protestmarsch. Aber sie wollen die Abstimmung, die heute in den selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk stattfindet, nicht einfach so hinnehmen. Die meisten der Teilnehmer stammen aus der Ostukraine. Sie sind geflohen, weil sie dort um ihr Leben fürchteten.
So auch Lana. Die Mittvierzigerin aus Donezk sagt, die Separatisten hätten sie gefoltert, weil sie Fotos von einem ihrer Checkpoints gemacht habe:
"Was ist denn bitte von Wahlen zu halten, die illegal organisiert wurden? In einem von Terroristen besetzten Donbass? Dort herrscht Terror! Dort laufen sie mit Maschinengewehren rum! Was sollen das denn für Wahlen sein?"
Farce, politisches Theater, Pseudowahlen – so beschreiben ukrainische Medien die heutige Abstimmung. In dem Urnengang sollen Parlamente und die jeweilige Führung der beiden Regionen bestimmt werden. Die Regierung in Kiew ebenso wie die EU, die USA und die UNO, sprechen von einem Verstoß gegen die Vereinbarung von Minsk. Die sieht zwar mehr Autonomie für die Ostgebiete vor, allerdings keine Eigenstaatlichkeit. Die heutige Abstimmung widerspreche deshalb ukrainischem Recht.
Strafrechtliche Verfolgung der Organisatoren
Die Organisatoren will Kiew nun strafrechtlich verfolgen. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst warnt zudem:
"Schon der Wahlvorgang ist gefährlich. Es wurden ernstzunehmende Provokationen vorbereitet, um hinterher die ukrainische Regierung, die Nationalgarde und die Sicherheitskräfte beschuldigen zu können, sie hätten die Wahlen verhindern wollen. Wir haben Informationen, dass extra ukrainische Uniformen angeschafft wurden und Personen angeheuert wurden, um diese Provokationen auszuführen."
Doch ohnehin fürchten sich viele Bewohner des Donbass an der Abstimmung teilzunehmen. Der Anfang September in Minsk ausgehandelte Waffenstillstand ist brüchig und beinahe täglich kommt es zu Gefechten. Immer wieder wird von Menschen berichtet, die ihre Häuser und Schutzräume kaum noch verlassen. Zugleich gibt es Informationen darüber, dass Einwohnern der Separatistengebiete gedroht wird, um sie zur Stimmabgabe zu bewegen.
Ein Sprecher des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats in Kiew:
"Um Rentner zur Teilnahme an den Pseudowahlen der Terroristen zu bewegen, drohen Kämpfer der örtlichen Bevölkerung und verbreiten Unwahrheiten. Unter anderem heißt es, dass Rentner bei der Stimmabgabe sogenannte Sozialkarten erhalten ohne die sie ihre Renten nicht bekämen. Zugleich drohen sie, dass die Pensionäre ihre Renten nicht erhalten, wenn sie Geld von der Ukraine annehmen."
Viele Ostukrainer nicht wahlberechtigt
Wie viele Einwohner der Ostukraine überhaupt stimmberechtigt sind, wissen offenbar selbst die Organisatoren der Wahl nicht. Aus Donezk heißt es, man habe rund drei Millionen Stimmzettel vorbereitet. In Luhansk sind es deutlich weniger. Hunderttausende Menschen sind in andere Gebiete der Ukraine oder nach Russland geflohen. Auf russischem Gebiet wollen die Separatisten die Stimmabgabe für Flüchtlinge in einigen Städten ermöglichen. Zur Wahl zugelassen wurden allerdings nur wenige Parteien, in Donezk sind es gerade mal zwei, in Luhansk etwas mehr. Allen gemein ist die prorussische Ausrichtung.
Die kommunistische Partei, die in den ukrainischen Parlamentswahlen am vergangenen Wochenende in der Ost- und Südostukraine sehr viele Stimmen erhalten hatte, darf an der heutigen Abstimmung nicht teilnehmen. Beobachter gehen davon aus, dass lediglich die bereits bestehende Führungsriege in der Ostukraine bestätigt werden soll. Damit dürfte der selbsternannte Premierminister von Donezk, Alexander Sachartschenko, im Amt bleiben. Ebenso Igor Plotnizky, der Anführer in Luhansk.
Viele ukrainische Politiker betrachten die Machthaber in der Ostukraine als russische Marionetten. Egor Firsov von der Klitschko-Partei Udar:
"Russland will die Vertreter von Donezk und Luhansk legitimieren, damit die Ukraine, Europa, Amerika und Russland später mit ihnen Verhandlungen führen können, und zwar mit ihnen als Vertreter eines echten, unabhängigen Staates. Aber dazu darf es nicht kommen! Wir müssen nun die internationale Gemeinschaft gegen Putin einen und durch Sanktionen weiter Druck aufbauen, denn Putin versteht nur das Argument der Stärke, nicht jedoch Argumente an sich."
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