Ostbalkanroute

Bulgarien als neues Hauptdurchgangsland?

Bulgarien hat einen Stacheldrahtzaun zur Flüchtlingsabwehr aufgebaut. Der Zaun ist 30 Kilometer lang.
Der bulgarische Stacheldrahtzaun zur Abwehr von Flüchtlingen soll noch länger werden. © AFP/Dimitar Dilkoff
Von Ralf Borchard · 17.03.2016
Vor dem EU-Gipfel richten sich die meisten Augen auf Griechenland und die Türkei. Doch Bulgarien fühlt sich vom Thema Flüchtlinge genauso betroffen und befürchtet eine neue Flüchtlingswelle auf der Ostbalkan-Route. Die Regierung setzt auf Zäune und Soldaten.
Diese Flüchtlinge aus Afghanistan haben es in fünf Tagen quer durch Bulgarien geschafft. Sie haben von der Türkei aus den bulgarischen Grenzzaun an einer undichten Stelle überwunden, erzählen sie, sind dann aus Angst vor der Polizei vor allem nachts durch die Wälder gelaufen, jetzt sind sie in Serbien angekommen.
Noch ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte nach Bulgarien überschaubar: 7.500 Migranten wurden im Januar und Februar in Bulgarien registriert, doch die Regierung in Sofia fürchtet, dass die Zahlen nach der Schließung der Westbalkanroute dramatisch steigen.
Bulgarien als Hauptdurchgangsland einer neuen Ostbalkanroute – das ist das Szenario, vor dem der bulgarische Verteidigungsminister Nikolaj Nentschew warnt:
"Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Teil der Migranten künftig auf die bulgarischen Grenzen konzentriert. Noch ist es nicht soweit. Wir beobachten die jeweiligen Grenzregionen, wir sind vorbereitet. Die Armee beteiligt sich mit Landstreitkräften und der Luftwaffe. Die bulgarischen Soldaten, die sich an der Grenzüberwachung beteiligen, sind auch bewaffnet."

Grenzzaun zur Türkei wird verlängert

Derzeit verlängert Bulgarien den bereits bestehenden Grenzzaun zur Türkei auf 160 Kilometer, ein weiterer Zaun an der Grenze zu Griechenland wird vorbereitet. Der bulgarische Regierungschef Boiko Borissow will beim EU-Gipfel nicht nur mehr Geld einfordern, er will auch, dass Bulgariens Aufnahme in die Schengenzone beschleunigt wird:
"Wir haben für die Übungen der Grenzpolizei und des Militärs an der Grenze zu Griechenland und für die Überwachungs- und Sperranlagen zur Türkei bereits Millionen von Euro ausgegeben. Dabei ist die Situation paradox. Wir schützen die Grenzen nach den Schengen-Regeln, wie es Europa von uns verlangt, sind aber nicht Mitglied der Schengenzone. Ich hoffe, dass dieses Paradox in diesem Jahr beseitigt wird. "
Borissow drohte im Vorfeld des EU-Gipfels sogar damit, sein Veto gegen ein Türkei-Abkommen einzulegen, falls sich dieses nur auf die Lage in Griechenland konzentriert und Bulgarien nicht in gleicher Weise mit einbezieht.

Kooperation mit der Türkei

Dass es eine Vereinbarung mit der Türkei braucht, betont auch die bulgarische Regierung. "Wir müssen alles Mögliche tun, um uns mit der Türkei zu verständigen", so Verteidigungsminister Nentschew.
"In der Türkei ist die Lage am schwierigsten. Dort sitzen Millionen Flüchtlinge fest. Es bleibt sehr wahrscheinlich, dass sich ein Großteil von ihnen nach Europa aufmacht. Wenn wir keine Kooperation mit der Türkei hinbekommen, würden wir damit sehr schwer fertig werden."
Österreich hat die bulgarischen Forderungen bereits demonstrativ unterstützt. Bulgarien müsse in einem EU-Abkommen mit der Türkei genauso behandelt werden wie Griechenland, sagte der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil bei einem Bulgarien-Besuch am vergangenen Wochenende:
"Wir beurteilen das gesamtheitlich so, dass wir Schlepperkriminalität erwarten. Da ist diese Route über Bulgarien in die Europäische Union eine ganz hohe Wahrscheinliche."
Österreich hat auch angeboten, eigene Grenzpolizisten nach Bulgarien zu schicken. Gut möglich, dass nach der griechisch-mazedonischen Grenze bald die türkisch-bulgarische Grenze in den Fokus rückt.
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