Ost-Ukraine

Besetzer lassen Geiseln in Lugansk frei

Pro-russische Aktivisten vor dem besetzten Geheimdienstgebäude in Lugansk.
Pro-russische Aktivisten vor dem besetzten Geheimdienstgebäude in Lugansk. © picture alliance / dpa / Yuri Streltsov
Von Sabine Adler · 09.04.2014
Am Montag proklamierten pro-russische Kräfte eine souveräne Volksrepublik Donezk, einen halbenTag später erklärten sie, dass sie auf Einspruch der Bevölkerung nicht daran festhalten. Jetzt verlangen sie abermals ein Referendum.
In Lugansk haben die Besetzer des Geheimdienstgebäudes in der Nacht 51 Personen freigelassen. Das meldet die Internetzeitung Ukrainska Prawda mit Bezug auf den Geheimdienst des Landes. Nähere Angaben fehlen bislang.
Im Internet fand sich ein Video mit einer Stellungnahme der maskierten Besetzer, die versicherten, nicht im Auftrag Moskaus zu handeln.
"Hier im Geheimdienstgebäude sind und waren keine Vertreter der Russischen Föderation oder des russischen Geheimdienstes FSB. Hier befinden sich nur Bürger der Stadt Lugansk und Bürger der Ukraine. Alles, was wir wollen, ist ein Referendum. Sollten sie uns den Strom abstellen oder das Gebäude stürmen, werden wir sie entsprechend empfangen."
Die Akteure, die den Osten der Ukraine in Atem halten, scheinen selbst nicht ganz zu wissen, was sie wollen. Diejenigen, die am Montag die sogenannte souveräne Volksrepublik Donezk proklamiert haben, erklärten eine halben Tag später, dass sie auf Einspruch der Bevölkerung doch nicht daran festhalten und auch kein Referendum abhalten lassen wollen, später dann änderten sie ihre Meinung abermals und verkündeten nun doch einen Termin für das Referendum, den 11. Mai.
Außerdem ließen sie die Regierung in Kiew wissen, dass sie sie nicht anerkennen, von ihr den Abzug aller bewaffneten Einheiten aus der Ukraine verlangen und in die Zollunion mit Russland möchten.
Handgemenge im Parlament
Ein wenig schmeichelhaftes Bild hatten im Parlament die Abgeordneten abgegeben, die eigentlich ein Anti-Separatismus-Gesetz verabschieden wollten. Während des Auftritts eines kommunistischen Vertreters begann eine Schlägerei. Petro Simonenko hatte die Übergangsregierung für die Unruhe im Osten des Landes verantwortlich gemacht.
"Was hat die Regierung getan, sie hat nicht gehört, was diese Region schon kurz nach der Unabhängigkeit gefordert hat: Russisch als Amtssprache, ein Referendum für mehr Eigenständigkeit. Stattdessen werden die Menschen als Kriminelle und Separatisten bezeichnet. Aber wer hat bei uns denn mit der Besetzung von Gebäuden und Verwaltungen begonnen, haben Sie das vergessen, sehr verehrte Nationalisten?"
Zwei Abgeordnete der Swoboda-Partei stürzten sich auf den Redner am Pult. "Stopp, geh weg!", riefen sie, ein Handgemenge folgte.
Später entschuldigte sich der Parlamentspräsident Turtschinow für die Schlägerei, die das eigentliche Vorhaben verzögert hat, nämlich härtere Strafen für Separatisten und deren Organisationen zu beschließen.
Mit mindestens fünf Jahren Haft und bis zu lebenslänglich soll künftig bestraft werden können, wer am Bestand des Landes rüttelt. Doch darüber, wer wann als Separatist gilt, entbrannte ebenfalls eine Diskussion. Der Vorsitzende der oppositionellen Partei der Regionen, die Ex-Präsident Janukowitsch geführt hat, findet, dass die Aktivisten in der Ost-Ukraine nicht als Separatisten angesehen werden dürften.
Oleksandr Jefremow: "Die Mehrheit derjenigen, die sich im Osten versammeln, sind friedliche Bürger. Wenn jemand sagt, dass das Spione, Provokateure oder Terroristen sind, dann gibt es genug andere Möglichkeiten, sich damit auseinanderzusetzen, sonst wird das einfach Unfug."
In Charkiw, wo letzte Nacht in einer Anti-Terror-Operation die Besetzung der Gouverneursverwaltung und des Fernsehturms beendet wurde, kam es weiter zu Zusammenstößen. Pro-russische Kräfte attackierten einen mit Polizisten besetzten Bus.
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