Orchestermusik à la India

Mantra, Raga und Tala

13.07.2016
Eher selten ist indische Musik in europäischen Konzertsälen zu erleben - das Bonner Beethovenorchester engagiert sich für den Dialog und hat Anoushka Shankar eingeladen und nebenbei ein "Mantra" von John Foulds in Deutschland erstaufgeführt.
Es passt ja! Der seit einem Jahr amtierende OB der Bundesstadt Bonn, Ashok-Alexander Sridharan, ist ein echter "bönnsche Jung", doch von seinem Vater hat er seinen indischen Namen und ein Gefühl für Bikulturalität erhalten. Da wurde es doch auch für das städtische Orchester der Beethovenstadt Zeit, einer der ältesten und komplexesten Musikkulturen der Welt, nämlich der indischen, seine Reverenz erweisen. "BOB goes India" lautete der Titel dieses festlichen Konzertabends, den die Kolleginnen und Kollegen vom WDR Ende Juni aufgenommen haben. Leider muss aus Zeitgründen das Orchesterwerk "Best of Bollywood" von Arnould Massart in unserer Sendung entfallen.
Die international bekannte Sitar-Virtuosin Anoushka Shankar (gerade auch beim Rudolstadt-Festival in eher weltmusikalischer Umgebung zu erleben) spielte an diesem Abend in der Beethovenhalle das zweite Konzert ihres Vaters Ravi Shankar. Der hat ja nicht zuletzt durch seine Freundschaft mit dem Geiger Yehudi Menuhin viel für eine Vereinigung der Musikkulturen getan. Diese Vereinigung fand immer auf Augenhöhe und ohne falsches Crossover-Verständigungspathos statt und richtete sich allein nach musikalischen Erfordernissen.
John Foulds (er lebte von 1880 bis 1939) war ein avantgardistischer britischer Komponist mit starkem Hang zur indischen Musik. Seine Art, sich den Klängen und musikalischen Gesetzen des Subkontinents zu nähern, ohne platten Ideenraub oder reines Kopieren zu betreiben, kommt besonders gut in den "Drei Mantras" für großes Orchester zum Ausdruck. Diese Stücke waren bis zur posthumen Uraufführung in Helsinki im Jahre 1997 vollkommen unbekannt. Sie wären beinahe dem Vergessen anheim gefallen, denn Foulds wollte sie als Zwischenspiele in seiner Oper "Avatara" verwenden. Da er frühzeitig an der Cholera in Kalkutta starb und er sich zuvor mit diesen Opernplänen herumgeschlagen hatte, blieben diese Mantras unbemerkt. Das erste Mantra-Stück hat das Beethovenorchester jetzt in Deutschland erstmals auf die Bühne gebracht.
Der belgische Komponist Wim Henderickx wiederum nutzt Grundlagen der indischen Musik wie die melodischen und vor allem die rhythmischen Modi (Raga resp. Tala) für seine universell angelegten Kompositionen. In dem Schlagzeugkonzert "Raga 1" lässt er den Solisten Instrumente aus allen Kulturen verwenden. und auch ansonsten klingt das zweiteilige Stück weniger indisch, als der Name es vermuten lässt.
Beethovenhalle Bonn
Aufzeichnung vom 25. Juni 2016
John Foulds
Three Mantras from "Avatara" op. 61, daraus "Mantra der Tat"
Wim Henderickx
"Raga I" für Schlagzeug und Orchester
Ravi Shankar
Concerto for Sitar and Orchestra No. 2 "Raga Mala - A Garland of Ragas"
Gert François, Schlagzeug
Anoushka Shankar, Sitar
Beethoven Orchester Bonn
Leitung: Stefan Blunier