Online-Spiele

Abenteuer im EVE-Kosmos

Junge mit Computerspiel
Computerspieler bei der Gamescom, der größten Computerspielmesse Europas, in Köln. © picture alliance / dpa / Foto: Maximilian Schönherr
Von Till Nowak · 17.08.2016
Online-Spiele wie EVE gegen Gegner aus aller Welt können zur Sucht werden. Vor allem, wenn es darum geht, Handel mit fremden Raumstationen zu treiben, geschickt mit konkurrierenden Staaten zu zu paktieren oder schnell noch die Welt zu retten.
Freitagabend in Slowenien: Ein junger Mann hat sich in EVE eingeloggt, genau wie 21.387 andere Spieler, die an diesem Abend in den Weltraum ziehen. Der EVE-Neuling fliegt mit seinem kleinen Raumgleiter durch das Outuni-System, eins der 7.500 Sonnensysteme des New Eden-Sternenclusters. Er durchsucht die Asteroidenfelder in der Nähe des 5. Planeten nach dem Mineral "Scordit" und schmilzt dieses mithilfe seines Bergbau-Lasers aus den Felsbrocken. Nervös hat der Pilot sein Radar im Blick, immer auf der Hut vor Piraten, echten Menschen sowie vom Spiel generierten, die ihm Schiff und Ladung abnehmen möchten. Sobald sein Laderaum voll ist, setzt er schnellstens Kurs auf das Jita-System, dem größten Handelsknotenpunkt der Region, nur drei Raumsprünge entfernt.
Wer in den EVE-Kosmos eintaucht, bewegt sich durch Sonnensysteme mit vielen Tausend Planeten, Monden, Asteroidengürteln und Raumstationen. Die liegen in sicheren, halb-sicheren und unsicheren Zonen, im Spiel werden sie "hi-sec", "mid-sec" und "null-sec" genannt. Im "hi-sec" interveniert sofort eine automatische Polizeiflotte mit fast unbesiegbar starken Raumschiffen, sobald ein Spieler einen anderen angreift. Im "null-sec" hingegen herrscht das Recht des Stärkeren, bzw. das Recht desjenigen, der mehr Freunde mitgebracht hat.

Ein ausdifferenziertes Wirtschaftssystem

In Jita entlädt der Pilot und bietet seine Ladung am örtlichen Markt zum Kauf an. Es dauert nicht lange, bis eine Spielerin aus England die angebotenen Mineralien aufkauft. Sie besitzt eine Raffinerie und verdient sich ihren Spielunterhalt, indem sie günstig Rohstoffe erwirbt und sie zu deutlich teureren Materialien aufarbeitet. Diese kann sie mit z.T. erheblicher Gewinnmarge weiterverkaufen.
Das Orion-Raumschiff der NASA wird viele ESA-Komponenten enthalten (Zeichnung)
Völlig schwerelos im All: im Online-Spiel EVE.© ESA
EVE online verfügt über ein sehr ausdifferenziertes Wirtschaftssystem. Grundlage ist der Rohstoff-Abbau in Asteroidengürteln und auf Monden. Dieser – je nach Sicherheitslage im jeweiligen Sonnensystem – oft eintönigen, für viele aber auch entspannenden Aufgabe muss fast jeder Spieler regelmäßig nachgehen. Aus den abgebauten Rohstoffen werden Materialien, aus den Materialien Raumschiffe und andere Objekte gefertigt. Die Herstellung einzelner, besonders großer Raumschiffe oder Raumstationen benötigt über Monate hinweg die gebündelte Wirtschaftskraft von hunderten oder tausenden von Spielern, die sich u.a. zu diesem Zweck in Corporations oder Allianzen zusammenschließen.
Ein deutscher Spieler kauft der englischen Spiel-Industriellen die raffinierten Materialien ab. Er ist Spekulant und hat seine Ohren überall: Seit Wochen laufen Verhandlungen zweier großer Spieler-Allianzen um einige umstrittene, ressourcen-reiche Sternensysteme – der aufmerksame Spekulant registriert, dass sie sich nicht gut entwickeln. Die Spannungen drohen sich in einem offenen Krieg zu entladen.. Wenn er ausbrechen sollte, werden in den Raumschlachten der kommenden Wochen Tausende von Raumschiffen zerstört werden. Um die Lücken in ihren Kampf-Flotten zu stopfen, müssen die Allianzen neue Schiffe bauen. Dafür benötigen sie Unmengen von Material. Die Preise werden rasant steigen. Der Spekulant erwartet spektakuläre Gewinne.

Interessenten für Allianzen gesucht

In diesem Szenario bewegen sich die Gamer aus verschiedenen Ländern unserer realen Welt, suchen Interessenten für Allianzen, machen Politik und führen Krieg. In der virtuellen Welt von EVE online können Allianzen Sonnensysteme für sich beanspruchen und für Piloten anderer Allianzen sperren. Allianzen sind oft in langjährige Konflikte miteinander verwickelt, in denen neben einer funktionierenden Wirtschaft auch Propaganda, Spionage und militärisches Geschick entscheidend sind.
Als der drohende Krieg tatsächlich ausbricht, sind die Schiffswerften der beteiligten Allianzen weit entfernt von den Raumstationen, in denen die Ressourcen lagern, die man an der Börse gekauft hat und die in den Schiffswerften dringend benötigt werden: Also steht nach dem Erwerb der raffinierten Mineralien noch ein Transport an.
Es wird ein Spieler engagiert − er lebt in den USA und hat sich dort in das Spiel eingeloggt −, der ein riesiges aber wehrloses Transportschiff besitzt. Für eine stattliche Summe übernimmt er den Transportauftrag, der auch durch umkämpfte Sonnensysteme führt. Um sich gegen Angriffe zu schützen, engagiert der Frachtpilot eine Gruppe renommierter französischer Söldner als Geleitschutz. Sie machen sich gemeinsam auf den Weg, als plötzlich…
Große online-Spiele laufen normalerweise über weltweit verteilte Server, auf denen jeweils eine Kopie der jeweiligen Spielwelt installiert ist. Das hat technische Gründe, denn die Hardware der Spielserver kann nur einige Tausend Spieler gleichzeitig "beherbergen". Also spielen beispielsweise die deutschen Spieler auf einem in Deutschland stehenden Server, die Amerikaner über einen in den USA. In EVE online hingegen sind immer alle Spieler versammelt auf einem Server. Die Möglichkeiten für Spielerinteraktion sind dadurch gewaltig. Deshalb können sich hier Geschichten entwickeln, die sich zu einer eigenen virtuellen Welt-Geschichte verdichten. Genau das ist in den letzten 13 Jahren geschehen.
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