Online-Handel

Wie Amazon seine Marktmacht ausspielt

Päckchen und Pakete laufen in der Halle der neuen Zustellbasis des Postzustellers Deutsche Post DHL in Norderstedt (Schleswig-Holstein) auf einem Band.
Der Versandhändler Amazon verärgert Verlage und viele Autoren. © picture alliance / dpa / Bodo Marks
Von Felix Lincke · 11.08.2014
Druck auf Verlage, Lohndumping bei Leiharbeitern: Für seine aggressive Wachstumspolitik steht Amazon immer wieder in der Kritik. Doch viele Kunden nehmen die Vorteile der Versand-Plattform gerne in Anspruch.
Der US-Konzern Amazon, der in Deutschland wert darauf legt "deutsch" ausgesprochen zu werden, ist weltweiter Marktführer im Online-Handel, verdient aber trotzdem nicht viel. Das Konzept, alles auf Wachstum statt auf Rendite zu setzen, ist weitgehend aufgegangen. Nach so vielen Jahren des Erfolgs wollen die Aktionäre endlich aber auch einmal Ertrag sehen und werden ungeduldig mit Amazon-Chef Jeff Bezos.
Der steht nun zusätzlich unter Druck und will die inzwischen erhebliche Macht in vielen Bereichen des Online-Geschäfts ausnutzen, um seine Lieferanten unter Druck zu setzen. So fordert er, in den USA die Preise für E-Books herabzusetzen auf unter zehn Dollar, was bei Verlegern und Autoren zu Protesten wie "Writers United" führt.
Amazon verlangt Sonderkonditionen von deutschen Verlagen
In Europa läuft diese Diskussion schon seit Langem. Hier gibt es zwar in elf EU-Ländern eine Buchpreisbindung, aber gilt die auch für die E-Books, also die elektronische Ausgabe dieser Bücher? Der französische Botschafter in Berlin Maurice Goudault-Montagne:
"Heute genießt jeder europäische Bürger freien Zugang zur Literatur und zu Büchern aller Art. Und dieser freie Zugang zu den höchsten Werken des menschlichen Geistes ist eine unverzichtbare Voraussetzung für Demokratie."
Frankreich und Deutschland haben weltweit die meisten unabhängigen Buchhändler, deren Existenz zum Teil durch Amazon gefährdet ist. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels meldete 2013, dass erstmals wieder mehr Bücher in den Geschäften verkauft werden:
"Dass der stationäre Buchhandel erstmals seit Jahrzehnten stärker wächst als die gesamte Branche."
Die Freude von Börsenvereinsgeschäftsführer Alexander Skipis währte nicht lange; denn inzwischen melden auch deutsche Verlage, dass Amazon von ihnen Sonderkonditionen verlangt. Sogar mit dem US-Unterhaltungsriesen Disney legt der Versandhändler sich an, um Einkaufspreise zu drücken.
Große Auswahl und Preistransparenz
So wird der Wettbewerb zwischen großen und kleinen Händlern, Herstellern, Verlagen einerseits und Amazon auf der anderen Seite heute schon mit ungleichen Mitteln geführt. Amazon kann die Steueroase Luxemburg nutzen, ist auch sonst örtlich sehr flexibel und greift nur die fertigen Produkte ab, die andere mühsam und aufwändig entwickelt haben.
Und bei der Logistik ist Amazon für Lohndumping bei Leiharbeitern berüchtigt. Auch hier werden alle Vorteile gnadenlos ausgenutzt. Es bleibt noch zu erwähnen, dass die Kunden von Amazon Preisvorteile, die daraus entstehen, gern in Anspruch nehmen.
Und auch die Lieferanten sind nicht immer machtlos. Große Markenartikelhersteller wie Adidas versuchen ihrerseits, den Wettbewerb im Internet zu ihren Gunsten zu entscheiden, indem sie bei Amazon eine möglichst exklusive Verkaufsfläche schaffen für den Direktvertrieb ohne Zwischenhändler. So heißt es bei Amazon:
"Hier können sie mit ihrem eigenen Look-&-Feel-Produkte präsentieren. Zusätzliche Bilder und Infos zur Verfügung stellen."
Kleinere Händler können bei Sportartikeln vor allem über den Preis kontern und vielleicht Ware verkaufen, die schon etwas älter ist. Das wollte Adidas ihnen verbieten, ist damit aber vor Gericht gescheitert. Der Vorteil von Amazon für die Verbraucher liegt vor allem in der großen Auswahl und in einer Preistransparenz, die ohne Internet undenkbar wäre.
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