Online Educa Berlin

Von der Tafel zum Computer

Kinder arbeiten am 25.03.2014 auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart (Baden-Württemberg) an dem Messestand des Madsack Mediastore an einem iPad. Die Bildungsmesse läuft vom 25. bis 29.03.2014.
Kinder lösen eine Aufgabe auf einem iPad. © picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert
Von Sandra Stalinski · 04.12.2014
Ohne Computer geht heute eigentlich gar nichts mehr. Doch in deutschen Klassenzimmern spielen sie kaum eine Rolle. Experten auf der 20. Online Educa in Berlin - der weltweit größten internationalen E-Learning-Konferenz - wollen das ändern.
"Ein wichtiges Thema in Mathe, das kann man nicht abstreiten
Ist Analysis und dabei auch das Ableiten
Damit findet man die Steigung des Funktionsgraphen
Und es kann durchaus sein, dass wir eine Funktion haben"
Mathematische Probleme auf Youtube: gerappt und gelöst von Dorfuchs, einem jungen Mathematikstudenten aus Dresden.
"U Strich V minus U V Strich durch V Quadrat …"
Während man den 21-Jährigen singen und Gitarre spielen sieht, werden auf dem Bildschirm die Formeln eingeblendet, die er erklärt - Bildungsfernsehen 2.0.
Leichter lernen mit selbstgedrehten Videos
Was bei amerikanischen Youtubern sehr verbreitet ist, muss man in Deutschland bislang noch mit der Lupe suchen. Doch in dieser Art der Wissensvermittlung liegt die Zukunft, meint der Fachjournalist Matthias Lange. Soziale Netzwerke wie Youtube könnten den Schulalltag bereichern:
"Ich hab Schulen kennengelernt, wo Videos gedreht wurden, die dann an den elektronischen Anzeigetafeln an Schulen laufen, also eine Art Schulfernsehen, aber was nicht rausgeht - da haben wir ja das Thema Jugendschutz - sondern innerhalb des Schulgebäudes läuft. Wenn die Leute selber kreativ werden, eigene Sachen zu drehen und mit eigenen Worten Unterrichtsinhalte aufbereiten, dann setzt es sich besser in den Kopf als wenn sie es nur von außen konsumieren."
Handys und Tablets meist verboten
Die Technik dafür müsste nicht erst teuer angeschafft werden, sondern 90 Prozent der Schüler haben sie bereits in der Hosentasche. Denn mit Smartphones oder Tablets lassen sich relativ einfach Filme drehen. Doch an sehr vielen Schulen in Deutschland seien mobile Endgeräte verboten, sagt Lange. Und das, obwohl Schüler ihre Informationen längst fast ausschließlich über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Youtube beziehen: Wenn Jugendliche etwas wissen wollen, schauen sie sich lieber ein Youtube-Video an, statt zu googeln.
Den Wechsel zum Web 2.0 hätten Schulen bislang völlig verschlafen, meint auch der E-Learning-Experte Christoph Igel.
"Wo Sie in der Lage sind, ihre Freunde zu pflegen, im Netz sich zu treffen, zu verabreden, Dinge zu kommunizieren, Dinge zu bewerten, transparent zu machen. Diese ganzen Schritte, die über die soziale Netzwerken im Wesentlichen vorangetrieben worden sind, sind die Schulen nicht mitgegangen. Aus verschiedensten Bedenken. Beispielsweise: Bewertet man einen Lehrer, Fragezeichen? Ist es opportun so etwas zu machen? Bewertet man die Qualität von Inhalten? Was in den Hochschulen schon längst Gang und Gäbe ist, ist in den Schulen noch ein ganzes Stück weit entfernt."
Lehrer nutzen Online-Lernplattformen kaum
Weil die derzeit an Schulen vorhandenen Lernplattformen wie zum Beispiel die freie Software "Moodle" nicht nach diesen Prinzipien sozialer Netzwerke funktionierten, seien sie bei Schülern unbeliebt und würden auch von Lehrern kaum genutzt.
Praktischer und effektiver sind sogenannte Smart Learning Environments, also intelligente Lernumgebungen, die den Stoff und die Lerngeschwindigkeit an den jeweiligen Schüler anpassen, sagt Igel.
"Die ganze Zeit hat man ein Buch für alle Schülerinnen und Schüler und nach vorne blickend hätten Sie für jeden Schüler sein individuelles Buch. Und dieses Buch ändert sich in Abhängigkeit davon, was der Schüler schon weiß, was er schon gelernt hat."
Skepsis besonders bei älteren Lehrern
Ähnlich wie bei Facebook können Schüler über solche Programme nicht nur online Hausaufgaben und Tests machen oder Vokabeln wiederholen, sondern auch chatten, Videos hochladen und kommentieren.
Doch bis sie zum Alltag an deutschen Schulen werden, kann es noch lange dauern, befürchtet Christoph Igel. Momentan scheitere das nicht nur an der Frage, wer die Kosten übernimmt, sondern auch an der Bereitschaft vieler, insbesondere älterer Lehrer: Denn deren Skepsis gegenüber modernen Technologien im Unterricht sei enorm.
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