Oliver Stones Film: "Snowden"

Wie die Welt außer Kontrolle geriet

Director Oliver Stone (l-r), actors Joseph Gordon-Levitt, Shailene Woodley, Melissa Leo and Zachary Quinto pose at the photocall of Snowden during the 41st Toronto International Film Festival, TIFF, at Bell Lightbox in Toronto, Canada, on 10 September 2016. Photo: Hubert Boesl
Regisseur Oliver Stone bei der Weltpremiere seines Films "Snowden" in Toronto. Rechts neben ihm Joseph Gordon-Levitt, der die Rolle von Snowden spielt. Außerdem auf dem Bild: Shailene Woodley, Melissa Leo und Zachary Quinto (von rechts nach links). © dpa / picture alliance / Hubert Boesl
Von Anna Wollner · 12.09.2016
Der US-Regisseur Oliver Stone hat das Leben von Edward Snowden verfilmt. Bei der Weltpremiere in Toronto verkündete Stone, dass der Whistleblower sich jederzeit der USA stellen würde – unter der Bedingung der Zusicherung eines fairen Prozesses.
(Oliver Stone) "As to Mr. Snowden, he would come back and face trial. He said that many times. If he could get a fair trial."
Oliver Stone hat eine Mission: sich einzusetzen für Edward Snowden. Snowden würde sich jederzeit der USA stellen, wenn ihm ein fairer Prozess zugesichert würde, sagt der Regisseur auf der Pressekonferenz nach der Weltpremiere.

Neun Besuche bei Edward Snowden im Moskauer Asyl

Und Stone muss es wissen. Insgesamt neun Mal hat er in Vorbereitung seines Filmes Snowden in seinem Asyl in Moskau besucht. Zusammen mit seinem Drehbuchautoren Kieran Fitzgerald ist er eingetaucht in die Welt der NSA.

"This is really a secret underworld and no one in the NSA has come forward in this 70 year of history. Until Ed Snowden, no one saw into that thing."
Die NSA sei noch immer eine geheime, verschlossene Welt, bis Edward Snowden kam, habe sich keiner für ihr Tun interessiert, sagt Stone:
"So it is really an undercover, it is a detectiv story. For me it is exciting, it is like JFK, it goes into something, that we dont know."

Oliver Stone sieht den Film als "Undercover-Story"

Die Geschichte über den berühmten Whistleblower sei eine Undercover-Story, eine Detektivgeschichte, ein Abtauchen in ein vollkommen fremdes Terrain – wie bei seinem Film "JFK". Die Amerikaner wüssten viel zu wenig darüber, dabei würde die Regierung noch heute ganz bewusst Lügen. Es sei eine erschütternde Geschichte, gepaart mit viel Drama, eine perfekte Kombination.
"Americans dont know and they still dont, because it is tricky. The Government lies about it, all the time and what they are doing is illegal. And they keep doing it. it is an upsetting story, but at the same time it is a drama. it is a great combination."
"Snowden" verhandelt das Leben seiner Hauptfigur daher auch fachgerecht simpel, aufgeweicht, vorgekaut und aufbereitet für den unwissenden Mainstream-Zuschauer. Der Film klappert die verschiedenen Stationen Snowdens zwischen 2004 bis 2013 ab, über Langley, Genf, Washington, Hawaii und am Ende Hongkong.

Konspirative Treffen im Hotel Mira in Hongkong

Das Hotel Mira in Hongkong, in dem Snowden sich mit den Enthüllungsjournalisten des Guardian Glenn Greenwald und Ewan Macaskill und der Dokumentarfilmerin Laura Portrais traf, ist dabei Dreh- und Angelpunkt, das konspirative Treffen die Rahmenhandlung. Stone erzählt in Rückblenden das Ausmaß der Enthüllungen und weiß doch, dass er bei Weitem nicht alles berücksichtigen kann.
"We’ll never know the whole story. We are so many years behind, already. Whats going on right now is pretty shocking."
Wir würden nie die ganze Wahrheit erfahren, sagt Stone, die Vorgänge heute seien schockierend. Wie Snowden neulich in einem Interview sagte: die Welt sei außer Kontrolle. Wir wüssten gar nicht, wer wem etwas antue.

"As Ed Snowden said the other day, it is out of control. The World is really out of control. We dont know who is doing what. To whom."
Snowden sitzt mit melancholischem Blick vor einem Fenster mit zugezogenen Gardinen.
Ein undatiertes Foto des Whistleblowers Edward Snowden© dpa / RIGHT LIVELIHOOD AWARDS

Joseph Gordon Levits verblüffende Verwandlung in Snowden

Getragen wird der Film vor allem von Hauptdarsteller Joseph Gordon Levit. Seine Verwandlung in Snowden ist verblüffend. Sein Gestus, seine Körperhaltung, selbst die Stimme klingt wie eine perfekte Kopie. Der Schauspieler sagt über seine Rolle:
"I think first and formoust I was interested in his patriotism. That he really was doing what he did out of a sincere love for his country and the principles that the country is founded on."
Vor allem Snowdens Patriotismus habe ihn interessiert, dass er das, was er tat, aus Liebe zu seinem Land gemacht hat. Ein Patriotismus, der über die Jahre wuchs und der ihn eben Fragen stellen ließ, so Levit:.
"Which is the kind of patriotism he grows into over the course of the nine years that you see in the story where he does ask questions."
Dabei ist das größte Problem des Films seine Rahmenhandlung, das Spiel mit dem Entstehen des Oscarprämierten Dokumentarfilms "Citizienfour". Denn genau der zieht "Snowden" den Boden unter den Füßen weg.
Stones Film fiktionalisiert, überhöht, spitzt dramatisch zu. Die richtigen und wichtigen Dinge erzählt "Citizenfour". Damit ist "Snowden", selbst wenn es ein Unterhaltungsfilm ist, fast schon überflüssig.
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