Österreichs Flüchtlingspolitik

Balkanländer sollen Grenzen mit EU-Soldaten sichern

Rollen mit Zaundraht an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien
Rollen mit Zaundraht an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien © picture alliance / dpa / Matthias Röder
Von Ralf Borchard · 09.02.2016
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz will Serbien und Mazedonien für den Plan gewinnen, die EU-Binnen-Grenzen mit EU-Soldaten, Polizisten und Zäunen zu schützen. Serbiens Regierungschef Vucic fürchtet aber einen "Rückstau" Hunderttausender Flüchtlinge. Und Mazedonien sieht sich überfordert.
Österreich verschärft beim Thema Flüchtlinge weiter den Ton. Nach einer Obergrenze pro Jahr hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner eine Obergrenze pro Tag für die Aufnahme von Flüchtlingen angekündigt, die sie noch im Februar durchsetzen will.
Nach dem Bau eines Zauns bei Spielfeld an der Grenze von Slowenien nach Österreich schließt Mikl-Leitner auch den Bau eines zweiten Zauns am Brenner an der Grenze von Italien nach Österreich nicht aus.

Außenminister Sebastian Kurz hat eine einwöchige Balkan-Reise begonnen. Er will vor allem Serbien und Mazedonien für den Plan gewinnen, die Grenzen der Balkanländer mit EU-Soldaten und Polizisten zu schützen:
"Wir haben gerade in Mazedonien, aber auch in anderen Staaten entlang der Route eine starke Bereitschaft dazu, den Flüchtlingszustrom zu reduzieren, zu drosseln, vielleicht sogar zu stoppen. Und diese Bereitschaft sollten wir nutzen."
Österreich will Soldaten und Polizisten bereitstellen
Wenn Griechenland weiter nicht in der Lage sei, die aus der Türkei kommenden Flüchtlinge aufzuhalten, müsse dies eben an der Grenze zu Mazedonien geschehen, so Kurz. Auch Österreich selbst will Soldaten und Polizisten bereit stellen, ergänzt der neue Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil:
"Das Bundesheer hat schon in Österreich bewiesen, dass es hier seine Aufgaben wahrnehmen kann im Bereich der Grenzsicherung, aber auch im Bereich einer Registrierungsstelle. Und ähnlich könnte die Aufgabenstellung auch dort sein."
Alle Balkanstaaten teilen die Befürchtung, dass sich in ihren Ländern eine Art Flüchtlings-Rückstau bilden könnte. Der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic, den Sebastian Kurz heute trifft, warnte bereits:
"Wir können nicht 100.000 oder 200.000 Flüchtlinge aufnehmen, weil Serbien das nicht verkraften kann. Wir wollen kein 'Parkplatz' für Flüchtlinge sein und werden unsere nationalen Interessen zu schützen wissen."
Weites offenes Gelände - ideal für einen "Flaschenhals für den Flüchtlingsandrang
Die wichtigste Station für Sebastian Kurz ist Mazedonien, wo er Ende der Woche Gespräche führt. Mazedonien hat mit dem Bau eines zweiten Grenzzauns zu Griechenland begonnen, fünf Meter hinter einem bereits bestehenden Zaun am Übergang Gevgelija. Mehr als 30 Kilometer lang soll die neue doppelte Sicherungsanlage werden. Der mazedonische Politikwissenschaftler Petar Arsovski sagt:
"Es ist sinnvoll, die Grenze nach Mazedonien stärker zu sichern. Aber weil wir hier keine hohen Berge, kein unwegsames Gelände, sondern offenes Territorium, eine breite Ebene haben, ist eine Menge Technik und zusätzliches Personal notwendig, um einen funktionierenden Flaschenhals für den Flüchtlingsandrang zu schaffen."
Ein großes Problem ist nach Arsovskis Worten, das Mazedonien selbst nicht stabil ist und zwei Krisen auf einmal bewältigen muss: die Flüchtlingskrise und die Regierungskrise. Der langjährige Regierungschef Nikola Gruevski musste zurücktreten, ein Termin für Neuwahlen ist nach wie vor offen:
"Mazedonien kann schon eine Krise kaum bewältigen, geschweige denn zwei auf einmal. Die Europäische Union muss harte Entscheidungen treffen. Wir brauchen umgehend technische und finanzielle Hilfe. Wir brauchen ein politisches Konzept, von der gesamten EU getragen, das wirkt. Wir haben Angst, wir sind ein sehr kleines Land. Hunderttausende weitere Flüchtlinge, wie von manchen vorhergesagt – das würde unsere Kapazität überfordern."
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