Österreichs Bundeskanzler

Faymann zahlt die Quittung

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann kündigt seinen Rücktritt an
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann kündigt seinen Rücktritt an. © AFP/ Roland Schlager
Von Stephan Ozsváth · 09.05.2016
Österreich nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann: Die Große Koalition ist mausetot, ihr Personal verbraucht, eine Runderneuerung nicht in Sicht. Profitieren könnte die rechtspopulistische FPÖ, denn Neuwahlen werden kommen, meint Stephan Ozsváth.
Werner, lass los. Die Rufe waren immer lauter geworden. Da ist es nur konsequent, dass Werner Faymann das Handtuch geworfen hat. Der ehemalige Wiener Wohnungsbau-Stadtrat galt schon lange als "lahme Ente". Vor einem Jahr war er noch Angela Merkels Wien-Statthalter in Sachen Flüchtlingspolitik, Flüchtlinge waren willkommen.
Wenige Monate später die 180-Grad-Wende: Getrieben vom konservativen Koalitionspartner ÖVP und vor allem von der rechtspopulistischen FPÖ fiel Faymann um. Zäune, Schließung der Balkanroute, verschärfte Asylregeln, Obergrenzen – all das hatte Faymann als Kanzler verantwortet – und dafür zahlt er jetzt die Quittung.
Das Vorspiel war die krachende Niederlage in der ersten Runde der Bundespräsidenten-Wahl. Die Kandidaten der Wiener Koalition – beide lustlose Verlegenheitslösungen – fuhren die folgerichtige und krachende Niederlage ein. Zurück blieb ein strahlender FPÖ-Kandidat. Gelernt haben die Großkoalitionäre daraus nichts.
Dass jetzt der Wiener Bürgermeister Häupl vorübergehend die Sozialdemokraten anführt, und der lahme ÖVP-Chef Mitterlehner das Kanzleramt übernimmt – das sind nicht gerade Zeichen der Erneuerung.
Dass Mittlerlehner, Spitzname "Django", auch als Neuer im Kanzleramt nichts begriffen hat, zeigt, dass er Neuwahlen für unnötig hält. Die Große Koalition ist mausetot, ihr Personal verbraucht, eine Runderneuerung nicht in Sicht. Sie hat ihre Chance verpasst: Stillstand ist kein Programm.

FPÖ ist die neue Arbeiterpartei

Derweil hat der Kuschelkurs mit der FPÖ längst begonnen. Letztes Jahr schon legte sich der sozialdemokratische Ministerpräsident des Burgenlandes mit den Rechtspopulisten ins Regierungsbett. Der erste Sündenfall. Dann der Schwenk der Sozialdemokraten in der Asylpolitik. Vergeblich. Im Zweifel wählen die Österreicher dann doch lieber den Schmied als den Schmiedel.
Faymann musste nun gehen. Aber was kommt stattdessen? Am 22. Mai hat FPÖ-Mann Hofer gute Chancen, in der zweiten Runde als Bundespräsident in die Hofburg einzuziehen. Und dann? FPÖ-Chef Strache – der früher mal bei Rudolf-Heß-Gedenkmärschen mitmarschierte – im Kanzleramt? Ganz unrealistisch ist das nicht mehr. Die FPÖ ist die neue Arbeiterpartei, sie ist die stärkste Kraft. Und die Performance der Großen Koalition ist so unterirdisch, dass sie wohl kaum einfach "Weiter so" wird sagen können.
Neuwahlen werden also kommen, es ist nur eine Frage der Zeit. Und sollte die Strache-FPÖ die gewinnen, dann werden die Rechtspopulisten Partner brauchen. Gibt es dann noch Sozialdemokraten oder Konservative mit Rückgrat, die dem Sirenenruf der Macht widerstehen? Ich glaube nicht.
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