"Nur die Schäden, die werden bleiben"

Axel Doering im Gespräch mit Marietta Schwarz · 01.03.2011
Der IOC ist zu Gast in München, um die bayrische Olympia-Bewerbung für 2018 zu prüfen. Zeitgleich haben Olympia-Kritiker ein Bürgerbegehren auf den Weg gebracht. Der Glanz der Spiele, so "NOlympia"- Mitinitiator Axel Doering, mache Politiker blind für die Folgen des Projekts für Natur und Region.
Moderatorin: Dem Olympia-Bewerber München steht in dieser Woche der nächste Härtetest bevor, denn die Evaluierungskommission des IOC testet die Tauglichkeit und natürlich auch die der Kogastgeber Garmisch-Partenkirchen und Königssee. Am 6. Juni wird in Durban dann entschieden, ob München den Zuschlag für die Winterspiele 2018 bekommt oder nicht.

Dieser Termin könnte mit einem möglichen Bürgerentscheid kollidieren, den die Olympia-Gegner fordern. Die haben vergangene Woche nämlich auf den letzten Drücker ihr lange angekündigtes Bürgerbegehren eingeleitet. Und das könnte von der IOC-Kommission durchaus als Minuspunkt gewertet werden. Eine heiße Woche also auch für die Gegner, die heute zu einer Aktion auf dem Münchener Marienplatz aufrufen und Gespräche mit der Evaluierungskommission führen werden. Axel Doering, Mitinitiator der Gegenaktion, ist am Telefon. Guten Morgen, Herr Doering!

Axel Doering: Guten Morgen aus Garmisch-Partenkirchen!

Moderatorin: Was werden Sie denn der Evaluierungskommission heute erzählen?

Doering: Ja ich werde also etwas die Garmischer Sicht der Dinge darlegen. Das ist ja ein Teil dieser Bewerbung, die allerdings ganz besonders die ganzen Pferdefüße zu tragen hat als Freiluftveranstaltung. Es sind also - 50 Wettbewerbe finden hier im Snow-Cluster statt, Garmisch-Partenkirchen liegt zu niedrig, das Klima stimmt nicht für Olympische Winterspiele, vor allen Dingen nicht mehr 2018. Alles Dinge, die im Bid Book anders dargestellt werden. Die Skiweltmeisterschaft hat ja gezeigt, dass am Schluss der Schnee schon, der aus der Schneekanone zwar gewonnen werden konnte, aber er war sulzig. Es hat gerade noch funktioniert.

Wir werden Ihnen sagen, dass diese Eingriffe viel, viel zu groß sind für ein Gebirgstal, wir werden ihnen sagen, dass die Grundstücke nicht zur Verfügung stehen, wie das im Bid Book gesagt ist, und wir werden uns wirklich zeigen, verwundert zeigen oder eigentlich entsetzt zeigen, dass zum Beispiel temporäre Eingriffe, das heißt, da, wo die Planierraupe zweimal kommt auf 30 Hektar in Schweiganger, um das aufzubauen und dann nach drei Jahren wieder abzureißen, dass das überhaupt als Eingriff gewertet wird. Es ist ein riesen Strauß an Gründen, warum man diese Olympischen Spiele nicht haben sollte hier in unserer Gegend, und das werden wir heute darlegen.

Moderatorin: Glaubt man den Befürwortern dieser Spiele, ist das die Meinung einer verschwindend kleinen Minderheit. Das Olympische Komitee sagt ja, die Nation steht hinter den Spielen, immerhin reisen auch Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Wulff nach München an. Also, wie groß ist diese Minderheit?

Doering: Puh, wie groß ist diese Minderheit. Sie ist auf jeden Fall keine verschwindend kleine Minderheit. Es kann durchaus sein, dass auf ganz Deutschland gesehen die Olympischen Spiele die Mehrheit hätten, das liegt aber daran, dass einfach die meisten Leute nicht wissen, was auf diese Orte zukommt. Hier in Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel, das ist die Bewerbung München 2018. Zwei Jahre nach den Olympischen Spielen wird niemand mehr wissen, was hier, wo die Ski- und Wintersportaktivitäten stattgefunden haben. Nur die Schäden, die werden da bleiben, die Verschuldung wird da bleiben, die Lebenshaltungskosten werden höher sein.
Und dass hier der Herr Wulff anreist und die Frau Merkel anreist und in den anderen Orten im Ausland das Gleiche war, das muss ich sagen, das überrascht mich sehr. Das ist eine Evaluierungskommission, die soll überprüfen, ob die Dinge, die im Bid Book stehen, wahr sind. Das ist eine Kommission, das sind Abgesandte eines letztlich privaten Vereins, und da liegen die Repräsentanten unserer demokratischen Staaten auf dem Bauch. Das muss ich sagen, das verwundert mich.

Moderatorin: Diese Repräsentanten, die haben ja längst entsprechende Garantien für das IOC unterzeichnet, also bewusst gegen den Willen der Bürger?

Doering: Das ist sehr schwer, das müssen Sie die fragen, das kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall gibt es viele, viele Dinge, die mich in diesem ganzen Prozess sehr, sehr verwundern. Dieses IOC, dessen Mitglied zum Beispiel ein Gaddafi ist, dieses IOC, das wird überall hofiert, das ist eine Medaille, deren Glanz man sieht, wo man aber irgendwo diese tatsächlichen Belastungen, die auf die Orte zukommen, nicht mit einbezieht, sondern nur das, was man jetzt einmal als Vorteile sieht zunächst.

Moderatorin: In dem Bürgerbegehren fordern Sie jetzt, dass die bereits unterzeichneten Verträge noch einmal rechtlich geprüft werden. Der Termin für dieses späte Bürgerbegehren birgt Brisanz, warum haben Sie so lange damit gewartet?

Doering: Also wir hätten sehr gerne viel früher ein Bürgerbegehren gehabt. Uns wäre es am allerliebsten gewesen, wenn der Gemeinderat ein Ratsbegehren gestartet hätte und die Bürger befragt hätte. Das ist abgelehnt worden. Dann haben wir uns überlegt, ein Bürgerbegehren zu machen, aber man hat sehr, sehr früh ein Vertragsgeflecht geschlossen, das es unmöglich gemacht hat, eine einfache Frage zu stellen, die wir normalerweise gestellt haben: Willst du Olympische Spiele, ja oder nein. Man darf nämlich mit dem Bürgerbegehren nicht zum Vertragsbruch aufrufen. Und es gab Zeiten, da waren wir also auch schon sehr müde.
Gott sei Dank hat uns der Herr Ude mit seinem Schimpfen nach Garmisch-Partenkirchen – die scheuen das Bürgerbegehren, wie der Teufel das Weihwasser – immer wieder etwas motiviert.
Und dann sind wir darauf gekommen, dass es ja Verträge gibt, die sehr zweifelhaft sind, der Host-City-Vertrag, der gilt ja in Fachkreisen als sittenwidriger Knebelungsvertrag und ist unter normalen Umständen nach deutschem Recht rechtsungültig. Und jetzt wollen wir, dass diese Verträge, die die Grundlage der Bewerbung sind, dass diese überprüft werden. Und da sind wir natürlich etwas spät dran. Auf der anderen Seite ist es so, dass rechtsungültige Verträge rechtsungültig bleiben, die bleiben das sogar dann, wenn München tatsächlich den Zuschlag für Olympische Spiele bekommen sollte. Und dann hat Olympia ein Riesenproblem.

Moderatorin: Wollen Sie denn überhaupt, dass es zu einem Bürgerentscheid kommt?

Doering: Ich möchte, dass Olympische Winterspiele hier nicht in Garmisch-Partenkirchen stattfinden und in München.

Moderatorin: Axel Doering, Mitinitiator von Nolympia, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Doering: Bitte schön!