NSA-Spionage

Kein Partner der USA, sondern Konkurrent

Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama am 07.06.2015 in Krün (Bayern). Die Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industrienationen (G7) kommen am Sonntag und Montag im bayerischen Elmau zusammen, um über außen- und sicherheitspolitische Herausforderungen zu beraten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama am 07.06.2015 in Krün (Bayern). © Daniel Karmann
Von Klaus Remme · 02.07.2015
In der breiten Öffentlichkeit kommt nun an, was im Weißen Haus noch immer bestritten wird: Die NSA ist auch in Sachen Wirtschaftsspionage in Deutschland aktiv. Klaus Remme begrüßt den "reality check" unserer Beziehungen zu den USA.
Diese brütende Hitze in Berlin, sie erinnert an einen anderen, ähnlich heißen Tag vor zwei Jahren. Barack Obama stand vor dem Brandenburger Tor, er legte sein Jackett ab, denn, so der Präsident, unter Freunden könne es ja auch mal zwanglos zugehen. Gute Idee. Also, Hemdsärmel aufgekrempelt. Das mit der Freundschaft hat ja in den letzten zwei Jahren ein wenig nachgelassen.
Wenn man sich Obamas Rede heute noch mal vornimmt, dann springen einen Sätze an, die vor dem Hintergrund der NSA-Affäre grotesken Floskelcharakter bekommen. Und wenn der amerikanische Botschafter heute ins Kanzleramt eingeladen wurde, dann nicht, um kurz vor dem amerikanischen Unabhängigkeitstag gemeinsame Werte und Interessen zu feiern. Nein, es handelte sich wohl mehr um eine Einbestellung und Botschafter Emerson konnte schwerlich ablehnen.
Lauschangriffe im wirtschaftlichen Wettbewerb
Emerson kennt das schon, genau vor einem Jahr wurde er in sehr ähnlicher Angelegenheit ins Auswärtige Amt gebeten. Wieder will die Bundesregierung angeblich Informationen über inzwischen glasklare Hinweise auf jahrelange Schnüffelei der Amerikaner in Ministerien und wer weiß sonst noch wo. Nicht etwa, wie Obama in Berlin meinte, vor allem terror- und sicherheitsrelevante Geheimdienstprogramme, sondern Lauschangriffe, um sich Vorteile im wirtschaftlichen Wettbewerb zu sichern.
Wenn in der "Süddeutschen Zeitung" auf einer Doppelseite Mitschriften abgehörter Telefonate und Dutzende von Durchwahlen ins Finanz- , Wirtschafts- und Agrarministerium nachzulesen sind, dann ist das ein dankenswerter reality check. Bundestagsabgeordnete mögen die Achseln zucken, nach dem Motto: "Wussten wir schon, keine neue Dimension".
In der breiten Öffentlichkeit aber kommt nun an, was im Weißen Haus bestritten wird: Die NSA ist auch in Sachen Wirtschaftsspionage unterwegs und Deutschland ist in diesem Sinne kein Freund, erst recht kein Partner, sondern Konkurrent. Inwieweit der BND dabei geholfen hat, ist unklar. Sicherheitspolitisch gibt es gemeinsame Interessen und sicher gibt es deshalb bis heute starke Abhängigkeiten von US-Diensten. Diese zu verringern ist dringliche Aufgabe. Bis dahin gilt: Nichts ist umsonst. Klingt nicht schön, eignet sich auch nicht für wolkige Reden, beugt aber Enttäuschungen vor.
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