NSA-Spähaffäre

Merkel gerät unter Druck

Blick auf das Gebäude der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) am 27.04.2015 in Berlin.
Die Spionage-Affäre um den Bundesnachrichtendienst und den US-Geheimdienst NSA setzt zunehmend auch das Bundeskanzleramt unter Druck. © picture-alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Gerhard Schröder · 01.05.2015
Hat das Kanzleramt in seiner Aufsicht über den BND kläglich versagt? Oppositionspolitiker fordern Aufklärung - und personelle Konsequenzen.
In der NSA-Spionageaffäre nehmen Opposition und SPD nun die Bundeskanzlerin ins Visier. "Es wird für das Kanzleramt, auch für die Kanzlerin, immer peinlicher", sagte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. "Die politische Verantwortung trägt Bundeskanzlerin Merkel", erklärte der stellvertretende Fraktionschef der Linkspartei, Jan Korte. Schwere Vorwürfe in Richtung Kanzleramt kommen auch von der SPD. "Die Aufsicht des Kanzleramts über den BND scheint kläglich versagt zu haben", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. "Das Amt, das seit zehn Jahren von der Union geführt werde, trage die Verantwortung dafür, dass sich der deutsche Geheimdienst ordentlich verhalte", sagte Fahimi der Passauer Neuen Presse.
"Kritische Fragen gebe es auch Innenminister Thomas de Maizière", sagte die Sozialdemokratin. Ihm wird vorgeworfen, eine Anfrage zur NSA-Spionage falsch beantwortet zu haben. "Meines Wissens hat aber gar nicht sein Haus, sondern das Kanzleramt jene Passage in der Anfrage formuliert, über die es jetzt so viel Aufregung gibt", sagte Fahimi und fügte hinzu: "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, schließe ich auch personelle Konsequenzen nicht aus."
Was wusste das Bundeskanzleramt?
Jahrelang soll der amerikanische Geheimdienst NSA über den Bundesnachrichtendienst europäische Politiker ausgespäht haben. Politiker in Frankreich und hochrangige Vertreter der EU-Kommission und – nach neuesten Berichten – auch Behörden in Österreich. Bei einer Überprüfung von Suchbegriffen der Amerikaner für die Kommunikationsüberwachung in seiner Abhörstation im bayerischen Bad Aibling habe es 12 000 Treffer gegeben, die auf Spionageziele in Österreich deuteten, das berichtete die Bild am Sonntag unter Verweis auf eine interne E-Mail des Bundesnachrichtendienstes vom 14. August 2013.
Was wusste das Bundeskanzleramt über die Spähaktionen? Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert Aufklärung. Das Kanzleramt müsse dem NSA-Untersuchungsausschuss alle Akten mit den Angaben über die Spionageziele übergeben.
Es bleiben viele Fragezeichen
Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg, CDU, dagegen wiegelt ab. Die Aufklärungsarbeit sei auf gutem Weg. "Die Bundesregierung hat bisher alle Dokumente, die wir haben wollten übermittelt. Auch die Amerikaner kooperierten. Das ist zwar nicht immer leicht, aber so ist das international nun einmal", sagte Sensburg der Neuen Westfälischen. Im Ergebnis funktioniere die Aufklärungsarbeit, sagte der Christdemokrat.
Doch es bleiben viele Fragezeichen. Auch beim Rüstungskonzern Airbus. Medienberichten zufolge soll der amerikanische Geheimdienst über den BND auch den deutsch-französischen Flugzeugbauer ausgespäht haben. "Wir haben die Bundesregierung um Auskunft gebeten", sagte ein Konzernsprecher und fügte an: "Wir werden jetzt Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Industriespionage stellen."
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