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Gen-Pflanzen
Lasche Standards bei Risiko-Bewertungen?

Die EU-Kommission hat 20 Millionen Euro investiert, um die Risikobewertung von genmanipulierten Pflanzen für Menschen, Tiere und Umwelt zu untersuchen. Die Risikobewerter kommen jedoch selbst aus der Branche. Jetzt wollen sie Hürden bei der Einführung abbauen.

Von Jantje Hannover | 02.07.2016
    Symbolisch steht ein Schild mit der Aufschrift "Genfood" vor einem gentechnisch veränderten Maiskolben auf einem Feld nahe Ramin im Landkreis Uecker-Randow.
    Die EU streitet um die Anbau-Zulassung der Genmais-Sorte 1507. (picture-alliance / ZB)
    "Wir haben hier mal aufgebaut um zu zeigen, wie man gentechnisch veränderte Pflanzen herstellt, die einzelnen Schritte. Das Ganze fängt an mit gentechnisch veränderten Agrobakterien…"
    Professor Joachim Schiemann steht in einem kleinen Labor im Julius Kühn-Institut, dem Hauptsitz des Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzen in Quedlinburg, kurz JKI. Vor ihm auf dem Tisch liegen Petrischalen und kleine Glaskästen mit Pflanzenteilen.
    "Agrobakterien sind Bakterien, die natürlicherweise im Boden vorkommen und Pflanzen befallen können, und die genetische Information, die die Bakterien interessiert, in die Pflanze übertragen. Diesen Mechanismus hat man sich zunutze gemacht, jetzt schon seit mehr als 25 Jahren, um Gene, die uns interessieren, mithilfe dieser Agrobakterien in Pflanzen einzuführen. Die Bakterien benutzen wir als Genfähre."
    Mit einer Genfähre können fremde Gene in die Zellen einer Pflanze eingeschleust werden, so entsteht ein gentechnisch veränderter Organismus. Joachim Schiemann deutet auf zwei Glaskästen, in denen sich winzige Pflanzen mit voll ausgebildeten Blättern befinden.
    "Wir machen uns also einen Vorgang zunutze, den die Bakterien vor hunderten von tausend Jahren, vielleicht sogar vor Jahrmillionen, entwickelt haben. Wir haben die Gene bei den Bakterien, die uns nicht nützlich sind, ausgetauscht, haben sie ersetzt durch Gene, die wir in die Pflanzen einführen wollen und benutzen dann die Bakterien sozusagen als Genfähre."
    Grundkurs in Gentechnik.
    EU untersucht gentechnisch veränderte Organismen
    Joachim Schiemann leitet das Institut für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen des JKI. In dieser Funktion berät er das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Im letzten Jahr hat der Institutsleiter außerdem ein wichtiges Projekt zur Sicherheitsbewertung auf EU-Ebene abgeschlossen. Es nennt sich GRACE, ausgesprochen: "GMO Risk Assessment and Communication of Evidence", zu Deutsch: "Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Organismen und Vermittlung der Befunde." Joachim Schiemann hat es als Koordinator angeleitet:
    "Das EU Projekt GRACE hatte zwei wesentliche Fragestellungen: Die eine Fragestellung war die Sicherheitsbewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu überprüfen, das heißt bestimmte Methoden, die für diese Sicherheitsbewertung vorgeschrieben sind."
    Bevor gentechnisch veränderte Pflanzen in die EU importiert oder hier angebaut werden dürfen, durchlaufen sie ein Zulassungsverfahren. Die Risikobewertung nimmt dabei die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, vor. GRACE sollte eine so bezeichnete Durchführungsverordnung überprüfen, die die EU-Kommission im Jahr 2013 neu aufgelegt hatte. Hierin war verbindlich vorgeschrieben, Genpflanzen für die Zulassung mit 90-tägigen Fütterungsstudien zu testen. Grace sollte herausfinden, wie sinnvoll diese Vorschrift ist.
    "Und der zweite Schwerpunkt war, die vorhandenen Daten, die aus tausenden Veröffentlichungen zur Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Pflanzen stammen, zu systematisieren und mit neuen Verfahren der systematischen Datenaufbereitung zu bearbeiten."
    Grünen-Politiker: Gentechnikbefürworter fungieren als Projektkoordinatoren
    Dreieinhalb Jahre lang hat Schiemann mit 18 wissenschaftlichen Instituten aus ganz Europa zusammengearbeitet, über 50 Wissenschaftler waren beteiligt, fünf weitere Projekte zur Sicherheitsbewertung waren GRACE- angeschlossen. Joachim Schiemann vom JKI ist an allen sechs Projekten beteiligt. Der Gesamtrahmen wurde mit 20 Millionen Euro von der EU finanziert. Eigentlich sollten die Ergebnisse bis Ende Juni veröffentlicht sein, aber die Kommission hat den Termin auf unbestimmte Zeit verschoben. Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik und Bioökonomiepolitik bei den Grünen, begrüßt das GRACE-Projekt grundsätzlich:
    "Das ist ja gut, dass die Kommission solche Projekte angeht und sagt: das wollen wir jetzt mal unter unserer Regie, unter unserer Ägide machen, nicht dass das irgendwie die Industrie macht. Insoweit ist es zunächst mal gut, dass man es macht. Das Potenzial, die Ausgangssituation, war gut. Der nächste Schritt ist natürlich, es kommt immer drauf an, was man daraus macht, und wie man solche Gremien dann auch besetzt. Wenn sie dann besetzt werden mit Projektkoordinatoren, die seit Jahrzehnten bekannt sind als, ich sag‘ mal, bekennende Gentechnikbefürworter, da mache ich schon mal das erste Fragezeichen, und sag‘: hätte man das nicht etwas neutraler besetzen können?"
    Ebner vermutet, dass Joachim Schiemann sowie weitere Projektleiter in Interessenskonflikte verwickelt sein könnten. Denn Schiemann entwickelt selbst Genpflanzen und setzt sie über den Verein FINAB frei. Der Institutsleiter hatte mal ein Patent angemeldet, dies aber inzwischen zurückgezogen:
    "Dann sind wir ganz schnell in einer Lage, wo sozusagen der Projektkoordinator selber möglicher Antragsteller für Freisetzungsverfahren ist. Da würde ich mal sagen, kann man nicht mehr wirklich unabhängig agieren. Da hat man ein eigenes Interesse, einen eigenen Blick. Ich will niemanden was Böses unterstellen, aber die Eingeschränktheit des eigenen Blicks ist dann schon mal da."

    Schiemann war darüber hinaus vier Jahre lang Präsident von ISBR, der International Society for Biosafety Research. Wer ISBR finanziert, ist nicht bekannt, die Konferenzen der Gesellschaft werden allerdings von Biotechnologie-Konzernen wie Monsanto oder Bayer gesponsert. Die Forschung zur Gentechnik ist international stark vernetzt. Das macht auch Sinn, damit möglichst viele Wissenschaftler Zugang zu den neuesten Erkenntnissen haben. Dass seine Tätigkeit für die ISBR zu Interessenskonflikten führen könnte, weist Joachim Schiemann vom JKI entschieden zurück:
    "Ich bin auf nationaler und international Ebene sehr aktiv, was auch eine entscheidende Voraussetzung ist, um Leiter eines solchen Instituts zu sein. Um nur ein Beispiel herauszugreifen, das ist ISBR, International Society for Biosafety Research, eine internationale Forschervereinigung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die biologische Sicherheitsforschung zu verbessern und international zu vernetzen. Das ist eine Vereinigung von Wissenschaftlern. Und ich bin vier Jahre Präsident dieser internationalen Vereinigung gewesen, was eine sehr große Ehre ist, was auch zeigt, dass man international auf diesem Gebiet eine sehr hohe Anerkennung genießt. Und es ist geradezu absurd, eine Aktivität in einer internationalen Wissenschaftlervereinigung als Interessenskonflikt zu denunzieren."
    Ministerium und EU sehen keinen Anlass für Interessenskonflikt
    Das sieht das für das Julius-Kühn-Institut zuständige Ministerium, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, ganz ähnlich. Das BMEL möchte zum GRACE-Projekt und möglichen Interessenskonflikten kein Interview geben. In einer schriftlichen Antwort heißt es zur engen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern mit der Industrie:
    "Eine Aufforderung zur Mitarbeit in einer solchen Institution kann als Anerkennung der Sachkompetenz und für die eigenen Arbeiten aufgefasst werden. Diese Institutionen bieten eine Plattform für den internationalen Austausch und die Diskussion neuester wissenschaftlicher Informationen und dienen der Weiterentwicklung der Forschung. Dies ist auch und besonders im Bereich Risikoforschung ein wichtiger Faktor."
    Auch die Auftraggeberin von GRACE, die EU-Kommission, lehnt ein Interview ab. In einer schriftlichen Antwort betont sie, dass die Wissenschaftler nach festen Kriterien von unabhängigen Experten ausgewählt werden und die Kommission dabei keinerlei Einfluss ausübt, ebenso wenig wie auf den Verlauf der Forschung. Der Schwede Christofer Fjellner sitzt für die Konservativen im Europa-Parlament:
    "Es geht darum, die besten Wissenschaftler der Welt zu engagieren, nur die können unsere Sicherheit wirklich garantieren. Ihr Fachwissen sollte bei der Auswahl der Personen unsere Richtschnur sein, und nicht, ob sie irgendwann einmal Kontakt mit der Industrie gehabt haben."
    Unabhängiges Institut finanziert sich durch Spenden
    Das Institut Testbiotech ist angetreten zu beweisen, dass nicht wirklich unabhängige Forschung auch fehlerhafte Ergebnisse hervorbringt. Testbiotech finanziert sich über Spenden und Stiftungsgelder und stellt von der Gentechnik-Industrie unabhängige, wissenschaftliche Expertise bereit. Eine Handvoll industrienaher Wissenschaftler und ihr Netzwerk dominierten die mit öffentlichen Geldern finanzierte Gentechnik-Risikoforschung in der EU beklagt Christoph Then von Testbiotech:
    "Wir haben gesehen, dass es da fünf Forschungsprojekte gibt, die alle mit Koordinatoren besetzt sind, die alle aus derselben Ecke kommen. Man kann diese Koordinatoren der Forschungsprojekte allen Institutionen zurechnen, die sehr nah an der Industrie dran sind. Das ist einmal das International Lifescience Institute oder die International Society for Biosafety Research. Das sind Institutionen, die von der Industrie bezahlt werden. In diesen Institutionen spielen die Koordinatoren oft eine wichtige Rolle. Und da sehen wir die Unabhängigkeit nicht gegeben. Das halten wir nicht für Zufall, da denken wir, dass es eine systematische Einflussnahme gibt von industrienahen Kreisen auf diese Forschungsprojekte."
    Das Für und Wider der Fütterungsstudien
    "In Bezug auf die Fütterungsstudien sind wir zu der Schlussfolgerung gekommen, dass diese 90 Tage Fütterungsstudien, wenn sie verbindlich vorgeschrieben sind, nicht sinnvoll sind", sagt Joachim Schiemann.
    Ob Fütterungsstudien tatsächlich notwendig seien, war die wesentliche Fragestellung für GRACE gewesen. Im Kern kommen Schiemann und seine Kollegen zu dem Schluss:
    "90-Tage Studien sollten dann durchgeführt werden, wenn es aus den vorhergehenden Untersuchungen Hinweise auf bestimmte toxische Wirkungen gibt."
    Aber wie verlässlich sind die Ergebnisse vorhergehender Untersuchungen, wenn die Hersteller sie selbst angestellt haben? Und reichen eigentlich 90 Tage, um mögliche gesundheitliche Auswirkungen festzustellen? Fragen, die sich der Laie in diesem Zusammenhang stellt, sieht auch Christoph Then von Testbiotech unbeantwortet.
    "Was man eigentlich ergebnisoffen hätte untersuchen sollen, stand eigentlich als Ziel des ganzen Unternehmens von Anfang an fest. Man möchte der Industrie und der europäischen Kommission signalisieren, dass man keine Fütterungsversuche braucht, um die Sicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen zu überprüfen."
    Testbiotech hat an den Stakeholder-Konsultationen zum GRACE-Projekt mitgewirkt. Stakeholder sind fachlich interessierte Experten und Laien aus Behörden, Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaft oder der Industrie. 143 Personen aus 22 Ländern haben regelmäßig an Workshops zu GRACE teilgenommen, um die jeweils neuesten Forschungsergebnisse mitzudiskutieren:
    "Da konnte man schon von Anfang an immer hören von den Experten am Rande der Tagung, in Kaffeepausen, direkten Gesprächen, dass man die Fütterungsstudien für nicht notwendig erachtet. Das ist natürlich komplett unwissenschaftlich, wenn ich was untersuchen soll und schon weiß, was das Ergebnis ist, dann ist das keine Wissenschaft mehr, dann ist es ja einfach ein Fake."
    In einem Haus für Versuchstiere steckt eine Laborantin Käfige zusammen und streut sie mit Sägespäne aus. An den Wänden befinden sich lange Regalreihen mit Käfigen. Hier leben Mäuse und Ratten, die zum Beispiel für Fütterungsstudien gebraucht werden. Die Tierversuchszahlen sind in Europa in den letzten Jahren stark angestiegen. Vor allem, weil viel mit gentechnisch veränderten Mäusen für die medizinische Grundlagenforschung experimentiert wird. Allerdings ist es ein erklärtes Ziel der EU-Kommission, dass weniger Tiere bei wissenschaftlichen Versuchen verbraucht werden.
    Der Tiermediziner Christoph Then von Testbiotech hält Fütterungsstudien bei der Risikobewertung von Gen-Pflanzen jedoch für unverzichtbar:
    "Es gibt leider wenig Möglichkeit, so ein Stoffgemisch zu untersuchen, außer durch Fütterungsversuche. Und da Fütterungsversuche wegzureden, das brauchen wir grundsätzlich nicht - das ist natürlich im Sinne der Industrie, die spart ein bisschen Geld. Die Zulassung geht ein bisschen schneller, aber es ist natürlich nicht im Sinne von Umwelt und Verbrauchern, und auch nicht im Sinne des Tierschutzes, weil diese Pflanzen ja hinterher an Millionen von Nutztiere verfüttert werden. Und sowas muss natürlich vorher ausreichend geprüft werden."
    Lasche Standards und fragwürdige Ergebnisse
    Wurden 20 Millionen öffentlicher Gelder letztlich eingesetzt, um lasche Standards bei der Risikobewertung zu zementieren? GRACE - nur ein Feigenblatt? Armin Spök, Assistenz-Professor von der Alpen-Adria Universität Klagenfurt, sagt: nein. Die Kriterien, die die NGO Testbiotech für Interessenskonflikte fordert, seien schlicht unrealistisch:
    "Würden die Kriterien dieser NGO für Unabhängigkeit auf Toxizitätsstudien generell angewandt, dann würden vermutlich 99 Prozent der weltweit routinemäßig durchgeführten Toxizitätsstudien als problematisch angesehen und unsere Zulassungssysteme für neue Produkte und Stoffe würden zum Erliegen kommen."
    Greenpeace kritisiert Personalentscheidung bei Forschungsprojekt GRACE
    Armin Spök hat den Stakeholder-Prozess für das GRACE-Projekt organisiert und betreut.
    "Das wichtigstes Ziel der Stakeholder-Konsultationen war es, die vorläufigen Pläne und Ergebnisse des GRACE-Projekts aus den unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und diskutieren."
    Die Stakeholder hatten die Möglichkeit, schriftliche Kommentare einzureichen, die dann im Projektteam diskutiert und auch beantwortet wurden. Manchmal flossen die Anregungen der Stakeholder sogar in die Forschungsplanung ein:
    "Es soll aber nicht unerwähnt bleiben an dieser Stelle, dass eine ganze Reihe von Kommentaren deshalb nicht berücksichtigt werden konnte, weil die rigiden Regeln von EU-Vorschussprojekten das einfach nicht erlauben. Beispielsweise können zusätzliche oder aufwendigere Versuche als vorgesehen nicht realisiert werden, weil das Budget des Vorschussprojekts weitgehend zur Abdeckung der ohnehin vertraglich vereinbarten Aktivitäten herangezogen werden muss."

    "Für uns hätte eine wirklich seriöse Begleitung einen enormen Aufwand bedeutet. Das waren zahlreiche Veranstaltungen, das hätte Schreibtischarbeit bedeutet, die Durchsicht der Dokumente, das Kommentieren", sagt Dirk Zimmermann von Greenpeace. Organisationen wie Greenpeace müssen mit ihren eingeworbenen Spendengeldern verantwortungsbewusst umgehen und sich genau überlegen, wo sich der Einsatz lohnt. Mit Blick auf den Koordinator entschied sich Greenpeace gegen die Begleitung von GRACE:
    "Herr Schiemann hat sich schon vor Jahren immer wieder dahingehend geäußert, dass Risikoforschung an gentechnisch veränderten Pflanzen eigentlich sowieso völlig überflüssig ist, dass es keine Belege gibt für Umwelt- oder Gesundheitsgefahren. Und wenn man jetzt jemanden beauftragt Risikoforschung zu betreiben, der Risikoforschung für völlig überflüssig hält, ist das doch eine etwas fragwürdige Entscheidung."
    "It might also be the logical fact, that the industry was right on this account.”
    Der konservative Europa-Abgeordnete Christofer Fjellner hält es für wahrscheinlich, dass die Industrie beim Thema Gentechnik einfach Recht hat.
    "Mich stört das nicht, dass die Ergebnisse fast aller wissenschaftlicher Untersuchungen mit denen der Industrie übereinstimmen, solange wir das auf einer verlässlichen wissenschaftlichen Grundlage herausfinden. Die EU hat das strengste Risikobewertungs- und Zulassungssystem in der ganzen Welt. Wir verbieten Dinge, die andere nutzen. Wenn es einer Genpflanze gelingt, das härteste Testsystem der Welt zu durchlaufen, würde ich auf die Entscheidung der EU-Kommission vertrauen."
    Kritiker: Superunkräuter werden verschwiegen
    Christoph Then von Testbiotech bezweifelt dagegen, dass hier nach einer verlässlichen wissenschaftlichen Grundlage entschieden wird. Vielmehr verlasse man sich auf ein eingespieltes Team von Wissenschaftlern, die mit einmal fest gelegten Kriterien der Versuchsauswertung immer zum gleichen Ergebnis kommt:
    "Bei GRACE haben wir das ja ausführlich kritisiert bei der ersten Berichterstattung. Da haben sie einen Fütterungsversuch gemacht mit gentechnisch verändertem Mais. Die Ergebnisse, die da berichtet worden sind, ist, dass man gar nichts Auffälliges gefunden hätte. Da waren aber tatsächlich etliche statistische, nicht nur Auffälligkeiten, sondern auch signifikante Ergebnisse, die auch eine biologische Relevanz hatten, die aber in der Publikation nicht ausführlich genug dargestellt worden sind."
    Nur ein Beispiel von vielen, sagt Then. Eine dem GRACE-Projekt angeschlossene Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, dass keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt feststellbar sind. Aber dass im Genmais- oder Gensojaanbau mittlerweile Superunkräuter gedeihen, die den Spritzmitteleinsatz in die Höhe treiben, wird nicht erwähnt.
    "Das haben sie gezielt beiseite gelassen, haben irgendwelche Industriedaten aufbereitet, die für die Fragestellung als solche völlig irrelevant sind. Das fand ich auch ein dreistes Stück, weil in dem Zusammenhang die negativen Auswirkungen vom Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft ja so deutlich sind. Wenn man sich dann aber weigert, dies zur Kenntnis zu nehmen, dann entsteht natürlich auch in der Publikation der Forschungsergebnisse ein ganz falsches Bild von den Auswirkungen der Gentechnik. Und genau darum hätte es gehen sollen bei dem Projekt."
    Die EU-Kommission hat 20 Millionen Euro investiert, um die Risikobewertung in Europa zu verbessern. Das Risiko durch genmanipulierte Pflanzen für Menschen, Tiere und Umwelt. Letztlich haben jedoch die Risikobewerter sich selbst beziehungsweise ihre eigenen Methoden überprüft. Dass auf diese Weise neue und unabhängige Erkenntnisse erarbeitet werden, darf man zumindest bezweifeln.